— 586 —
Nürnberg, Hildesheim, Paderborn, das Eichsfeld und Erfurt ab—
ziele. Namentlich für die beiden letztgenannten Gebiete regte sich die
Aufmerksamkeit Sachsens, da man von altersher darauf ein An—
recht zu haben glaubte und im Sinne hatte, sie für den Erzbischof
von Trier als Entschädigung zu beanspruchen, nach dessen Tode sie
ganz an Sachsen fallen sollten. Man teilte in Dresden vollkommen
die Überzeugung Helbigs, wenn dieser von preußischer Raubgier
sprach. Hierin sah man sich nur bestärkt, als auf Anraten des
Zaren Paul Preußen als Ersatz für die ihm nicht bewilligten
fränkischen Gebiete sich um dieselbe Zeit Hannovers bemächtigte
nud es dann nach Zar Pauls unmittelbar darauf erfolgter Er-
mordung (22./23. März 1801) als ein Pfand für seine früheren
Entschädigungsansprüche besetzt hielt.
Wie nun überhaupt diese Entschädigungsansprüche zu be-
friedigen wären, sollte nach dem am 5. März 1801 in Regens-
burg vorgelegten kaiserlichen Kommissionsdekret die Mitwirkung
der Reichsstände entscheiden. Es entsprach der umständlichen Ge-
wissenhaftigkeit des Kurfürsten und seiner Räte, daß man sich
über das Wie? der Mitwirkung wochenlang den Kopf zerbrach.
Von den drei Möglichkeiten, die denkbar waren: Alleinbevoll-
mächtigung des Kaisers, Niedersetzung einer außerordentlichen
Reichsdeputation und endlich Entscheidung durch den ganzen Reichs-
tag, war die erste nach den im Frieden von Lunéville gemachten
Erfahrungen ohne weiteres auszuschließen; bei der zweiten be-
fürchtete man die Einmischung von Frankreich und Rußland schon
bei Niedersetzung der Kommission; blieb also das dritte, das zu-
nächst auch am 30. April vom Reichstag angenommen wurde
mit der Modifikation, daß dem Kaiser die einleitenden Vor-
arbeiten übertragen werden, er sie aber dann dem Reiche zu
einer schleunigen Beratung mitzuteilen habe. Dieses Ergebnis
wurde durch die am 26. Juni gegebene Erklärung des Kaisers
hinfällig, daß er die Einleitung des Entschädigungsverfahrens
ablehne, weil ihm ein Auftrag mit so beschränkter Voll-
macht nicht zusage. Dagegen einigten sich der österreichische lei-
tende Minister Graf Stadion mit dem Grafen Haugwit über
die Ernennung einer außerordentlichen Reichsdeputation, das ein-