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über einen Allianzvertrag, eine durchaus entgegenkommende Auf-
nahme, bei der der Kurfürst seine Anhänglichkeit an Preußen
versicherte. Demgemäß erteilte der Kurfürst die nachgesuchte Er-
laubnis des Durchzugs der unter dem Fürsten von Hohenlohe
stehenden Korps und trat damit tatsächlich aus der von ihm
stets betonten Neutralität heraus, für Preußen ein im Augen-
blicke praktisch wertvollerer Gewinn, als das Gelingen der Bundes-
entwürfe. Am 12. Sept. überschritten die Preußen in drei Ab—
teilungen zwischen Meißen und Dresden die Elbe. Am gleichen
Tage gab der Kurfürst den Befehl, die Beurlaubten einzuziehen
und das Heer auf den Kriegsfuß setzen zu lassen. Am 23. Sept.
konnte er dem preußischen Könige melden, daß er 25 Bataillone
und 32 Eskadrons, zusammen 22000 Mann zum Auschluß an
Hohenlohe bereit habe. Die Truppen wurden befehligt von dem
General J. G. von Zezschwitz.
Napoleon lag natürlich sehr viel an der Wahrung von Sach-
sens Neutralität. Er ließ seinen Vertreter Durand in Dresden
unter dem 12. Sept. wissen, daß die Überschreitung der sächsischen
Grenze durch preußische Truppen von ihm als Kriegsfall gegen
Preußen angesehen werden würde und sein Gesandter in Berlin
in diesem Falle angewiesen sei, sofort abzureisen. Im übrigen
solle Durand an den geeigneten Stellen versichern, daß sich Sachsen
gegen jede Beeinflussung durch Preußen, Rußland oder Österreich
des französischen Schutzes versichert halten dürfe und daß Frank-
reich nichts dawider habe, wenn der Kurfürst die ernestinischen
Lande mit den seinen vereine und den Königstitel annehme, um
dann an der Spitze von etwa 2600000 Untertanen eine dem
Könige von Schweden ähnliche Machtstellung einzunehmen. Solche
verführerische Lockungen fanden nun allerdings in Dresden keine
gute Statt; aber man war doch unangenehm berührt, als Durand
nach dem Einmarsch der Preußen seine Pässe forderte, während
der Kurfürst den Grafen Senfft in Paris zu bleiben und seine
Maßnahmen dort als rein defensiver Natur zu interpretieren
anwies. Um dies anch durch die Tat zu beweisen, erhielt Zesschwitz
den Befehl, nur im Falle eines französischen Angriffs die Grenze
des obersächsischen Kreises zu überschreiten, ein Befehl, der jedoch