Full text: Illustrierte Geschichte der Sächsischen Lande und ihrer Herrscher. II. Band, 1. Abteilung. Das Albertinische Sachsen von 1500 bis 1815. (3)

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mußte. Aus einem Briefe des berühmten Philosophen an seinen 
Kollegen Reinhold in Jena vom 22. Mai 1799 erfahren wir, daß 
die Leipziger Lehrer wieder einmal auf die symbolischen Bücher 
verpflichtet worden waren, und daß man die Haltung des wür- 
digen Leipziger Superintendenten J. G. Rosenmiller als bedenk- 
lich ansah: erst dieser nämlich veranlaßte die Abschaffung des 
schon von Crell unter Christian I. bekämpften Exorzismus, des 
gleichermaßen an die katholische Zeit erinnernden Wandlungs- 
glöckchens beim Abendmahl und der Privatbeichte, an deren Stelle 
die allgemeine trat. Ganz besonders charakteristisch aber ist folgende 
Stelle aus dem angezogenen Briefe für die Denkungsweise er- 
leuchteter Köpfe in jener Zeit: „In Summa, es ist nichts ge- 
wisser, als das Gewisseste, daß, wenn die Franzosen nicht die 
ungehenerste Übermacht erringen und in Deutschland, wenigstens 
einem beträchtlichen Teile desselben, eine Veränderung durch- 
setzen, in einigen Jahren kein Mensch mehr, der dafür bekannt 
ist, in seinem Leben einen freien Gedanken gehabt zu haben, eine 
Ruhestätte finden wird.“ — 
Eine Illustration zu den religiösen Verhältnissen gab u. a. 
die Gesangbuchfrage. Bis Weihnachten 1796 sang man in Leipzig 
nach dem von dem Oberkatecheten an der Peterskirche Dr. Karl 
Glob. Hofmann im Anfange des 18. Jahrhunderts besorgten 
Gesangbuche, das also eine ganze Reihe herrlicher Gesänge, z. B. 
von Gellert, Klopstock, Lavater usw. nicht enthielt, dafür aber 
eine Anzahl unglaublich geschmackloser Hymnen aufwies. Dem 
Bedürfnisse einer Verbesserung, das sich auch im ganzen übrigen 
Lande fühlbar machte, entgegenkommend, übertrug der Konferenz- 
minister von Wurmb dem Leipziger Superintendenten Nosen- 
müller die entsprechenden Vorarbeiten. Aber bald gab man an 
leitender Stelle den lobenswerten Plan wieder auf, gestattete da- 
gegen die Verbesserung der bisher gebrauchten Gesangbiücher. In 
Leipzig ließ der mehrfach genannte Kriegsrat und Bürgermeister 
Müller, der selbst 1780 eine Sammlung religiöser Lieder heraus- 
gegeben hatte, den Leipziger Theologen den dringenden Wunsch 
aussprechen, sich zu diesem Zwecke an die Arbeit zu machen 
So trat eine Kommission zusammen, die in ihrer Tätigkeit freilich
	        
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