Full text: Illustrierte Geschichte der Sächsischen Lande und ihrer Herrscher. II. Band, 1. Abteilung. Das Albertinische Sachsen von 1500 bis 1815. (3)

— 649 — 
berg und Bayern durch Napoleon zu Königreichen und der sich 
anschließende völlige Zerfall der deutschen Reichsverfassung er— 
weckten in Sachsen lediglich den Gedanken, daß Sachsen bei seiner 
Geschichte und seiner Bedeutung doch erst recht einen Anspruch auf 
eine Königskrone habe. Eine in Würzburg 1806 erschienene Flug- 
schrist, die in Sachsen große Verbreitung fand, zeigt schon im 
Titel, worauf sie abzielt: „Ist Chursachsen nicht ebensogut als 
andere ähnliche und minder wichtige Stände Teutschlands berech- 
tigt, sich die Königswürde zuzueignen?“ Daß auch von anderer 
Seite her an Sachsens Kursürst die Aufforderung trat, sich die 
Krone aufs Haupt zu setzen, ist oben gezeigt worden. In dieser 
Zeit war die öffentliche Meinung völlig gegen Napoleon gestimmt; 
in Dresden bildete den Brennpunkt solcher franzosen= und kaiser- 
feindlichen Strahlungen der Oberhofprediger D. Reinhard, der 
Napoleon besonders seit der Erschießung des Nürnberger Buch- 
händlers Palm (26. Aug. 1806) haßte. Er vertrat natürlich 
den engsten Anschluß an die preußische Politik, wie dieser auch 
durch eine Flugschrift aus jener Zeit kurz vor Ausbruch des 
Krieges anempfohlen wurde, des Titels: „Das Interesse Deutsch- 
lands am Preußischen Staate.“ 
Als dann mit dem Posener Frieden die Königskrone kam, 
sab man sie allgemein als das Ergebnis einer natürlichen Ent- 
wickelung an, wie auch der dritte Artikel dieses Friedens ganz 
schlicht sagt, daß der Kurfürst „prendra le titre de Roi“, „er wird 
den Königstitel nehmen“ nicht als ein Geschenk Napoleons, um 
das er sich sowieso nicht bemüht hatte, sondern aus eigener Ent- 
schließung. So teilte dies auch die Leipziger Zeitung mit, indem 
sie in der Nummer vom 26. Dez. 1806 von einer Annahme 
des Königstitels sprach; aber alsbald wurde sie von Dresden 
aus genötigt, dies in der Nummer vom 30. Dez. als eine Privat- 
mitteilung dem Publikum gegenüber zu bezeichnen, und in der 
offi ziellen Meldung von einer Erhebung Sachsens zum König- 
reiche durch Napoleon zu berichten. Urheber dieser Fassung war 
der für Napoleon nunmehr gänzlich gewonnene neue Minister 
von Bose, der auch dem Bericht über die Festlichkeiten der Königs- 
proklamation für die Leipziger Zeitung die Worte an der Spitze
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.