Full text: Illustrierte Geschichte der Sächsischen Lande und ihrer Herrscher. II. Band, 1. Abteilung. Das Albertinische Sachsen von 1500 bis 1815. (3)

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Großen bereit halten müsse. Wer mit der Geschichte des Jahres 
1811 bekannt ist, weiß ja auch, daß das Schicksal Preußens in 
diesem Jahre nur an einem Haare hing, daß aber Napoleon 
durch die spanischen Verhältnisse und durch die Rücksicht auf die Zu- 
spitzung der Beziehungen zu Rußland sich gezwungen sah, diesen 
letzten Streich noch zu vertagen. Nun meinte Senufft, wie 
wir es aus seinen eigenen Aufzeichnungen wissen, es werde sich 
ein großes mitteleuropäisches Reich mit den Trümmern des 
zerschlagenen preußischen Staates errichten lassen, wobei ein 
gut organisiertes Polen ein nicht zu unterschätzendes Tausch- 
objekt sein könne. Das früher so gute Verhältnis zu Preußen 
war seit 1806 natürlich gänzlich in die Brüche gegangen und 
wurde durch kleinliche Zänkereien über einige Ordensballeien noch 
verschlechtert. Und Napoleon versäumte nichts, um das Miß- 
trauen der sächsischen Regierung gegen die preußische wach zu er- 
halten und die Abneigung zu schüren. Noch kurz vor Seunffts 
Abreise von Paris sagte er zu ihm: „Sie haben Nachbarn, denen 
man mißtrauen muß; Preußen wird niemals Ihr Freund und 
niemals aufrichtig sein!“ 
Auf solchen Voraussetzungen baute Senfft seine Pläne für 
eine teilweise Umgestaltung der polnischen Armee, für Vermehrung 
der Streitkräfte und für die Befestigung von Sierock, Praga und 
Modlin auf. Der König sah mit Entsetzen, wie in diesen Ab- 
gründen die Gelder unwiederbringlich verschwanden. Und was 
den König in noch größere Sorgen versetzte: wozu das alles, 
wenn es sich nicht um einen Krieg mit Rußland handelte, mit 
dem die Beziehungen Frankreichs sich seit dem Wiener Frieden 
durch die Vergrößerung des Herzogtums Warschau erheblich ver- 
schlechtert hatten. Kaiser Napoleon bereitete seinen sächsischen 
Bundesgenossen langsam auf das, was kommen mußte, vor. Er 
sprach von russischen Truppenbewegungen, die es jedenfalls not- 
wendig machten, daß man die Festungen vollständig armiere und 
die Streitkräfte des Herzogtums Warschau an der Weichsel zu- 
sammenziehe. Auch in Sachsen solle man alles für den Ernstfall 
bereit halten. Preußen betreffend meinte der Kaiser, daß er über 
dessen zukünftige Stellung im Falle eines bevorstehenden Kampfes
	        
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