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Schreiben überbringen, indem er die Erkaltung des freundschaft-
lichen Verhältnisses bedauerte; er schob sie auf Feinde Frankreichs
im sächsischen Kabinett. So aufgebracht er aber auch über den
Schritt des Königs war, so fand er es doch angemessen, seinen
Unwillen dem König nicht zu deutlich kund zu tun, um wenigstens
den formellen Bruch zu vermeiden. Somit wies er Serra und
seinen Gesandten in Wien, den Grefen Narbonne, an, gegen den
König gelinde Saiten aufzuziehen.
Mittlerweile erfuhr aber Senfft, daß sich Osterreich in irgend
einem Einverständnis mit den Verbündeten befände. Er begab sich
deshalb insgeheim und unter falschem Namen nach Wien, wo
ihm nun Metternich das bisher Verschwiegene mitteilte, daß näm-
lich unter gewissen Umständen Österreich zum Anschluß an die
Verbündeten bereit sei. Der König war von dieser Enthüllung
sehr unangenehm überrascht. Er benutzte sie aber in einem Schrei-
ben an die verbündeten Monarchen, in dem er seinen Anschluß
an Osterreichs bewaffnete Vermittelung mitteilte, um die Hoff-
nung auszusprechen, daß man deshalb jedes feindselige Verfahren
gegen sein Land einstellen und ihn wieder in den Besitz des Kott-
buser Kreises bringen werde. Dies Schreiben wurde einem Ober-
sten von Carlowitz am 29. April eingehändigt, der erneut An-
träge der Verbündeten und zu gleicher Zeit einen Brief Thiel-
manns überbracht hatte, in dem dieser, unter wiederholter Schilde=
rung seiner Lage und unter Mitteilung der von den preußischen
Generälen ihm gemachten Vorschläge, nochmals auf den König
im Sinne energischeren Handelns einzuwirken versuchte.
Nach den ihm von Schleinitz überbrachten Befehlen hätte
der General eigentlich alle Verbindungen mit den verbündeten
Heerführern abbrechen müssen. Durch seinen Optimismus, dem
ein gutes Stück persönliche Eitelkeit beigemischt war, verleitet,
folgte er doch am 25. April einer ihm von dem Fürsten
Wolkonski zugesandten, vom Major von Thile, dem Vertrauten
Friedrich Wilhelms III. überbrachten Einladung der beiden ver-
bündeten Monarchen nach Dresden. Er langte in Dresden gegen
5 Uhr morgens an und ließ sogleich das Mitglied der Immediat-
kommission den Geheimen Rat von Manteuffel zu sich rufen,