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Verse auf: „Die Wunde brennt, die bleichen Lippen beben!“
Aber der Liebling des deutschen Volkes wurde gerettet, fand Auf—
nahme in der Gärtnerwohnung des Rittergutes Großzschocher und
ward von hier aus auf einem Kahne trotz aller französischen
Späher von dem Domherrn Wendler nach Leipzig in dessen Haus
gebracht, von wo aus es ihm gelang, nach seiner Heilung nach
Karlsbad durchzuschlüpfen. Es ist bei dieser schimpflichen Sache
besonders hervorzuheben, daß die Lützower doch unter sächsischem
Geleit standen, dessen Durchbrechung aufs neue bewies, wie wenig
der König Herr in seinem eigenen Lande war. Die auch sonst
bemerkbare patriotische Stimmung der Leipziger veranlaßte den
Stadtkommandanten, den vorgenannten Marschall Arrighi, am
20. Juni den Belagerungszustand zu verhängen. Außerdem war
durch Dekret vom 24. Mai die Errichtung einer 2000 Mann starken
Bürgergarde verfügt worden, die jedoch nur mit einem Seitengewehr
bewaffnet sein durfte. Da sich ferner eine Anzahl Studenten
den Lützowern angeschlossen hatte, so wurde die Jurisdiktion der
Universität über ihre Mitglieder in die Hände einer besonderen
Kommission unter dem Baron von Werthern gestellt. Und nun
griffen die französischen Behörden auch wieder auf die Kontinental-
sperre zurück und ließen weit über deren Bestimmungen hinaus-
gehend alle Vorräte an Wein, Branntwein und Reis versiegeln.
Die beschlagnahmten Waren wurden dann gegen Erlegung einer
entsprechenden Summe wieder freigegeben.
Vom Kriegsschauplatze war Napoleon nach Dresden zurück-
gekehrt, wo er mit dem Könige nach wie vor auf das freund-
schaftlichste verkehrte und ihn u. a. regelmäßig zu den Vorstellungen
des aus Paris befohlenen Théätre Francais einlud. Der Kaiser
war in dem Marcolinischen Gartenpalais in der Friedrichstadt
abgestiegen; Marcolini war nämlich in Prag zurückgeblieben und
ist daselbst am 10. Juli 1814 gestorben. Von hier aus leitete
Napoleon die Befestigung Dresdens, zunächst vornehmlich der
Neustadt, dann, als der Zutritt Osterreichs zu den Verbündeten
wahrscheinlich wurde, auch der Altstadt. Außer der nun völlig
wiederhergestellten Augustusbrücke ließ der Kaiser noch zwei Schiff-
brücken bei Pillnitz und beim Königstein schlagen. Gern hätte