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durch einen Hauptschlag gegen die böhmische Armee unter den
Augen der verbündeten Monarchen sich wieder zu einer domi—
nierenden Stellung zu verhelfen. So waren alle disponiblen
Korps auf dem Wege nach Böhmen und in der Morgenfrühe
des 9. Sept. wurde der Kaiser beobachtet, wie er von Ebers—
dorf aus, etwas östlich vom heutigen Mückentürmchen, die Stel-
lungen der Verbündeten rekognoszierte. Schon waren Vorposten-
gefechte im Gange, aber da entfernte er sich von seinem Gefolge
und sagte dem General St. Cyr allein: „Ich will den Feind in
dieser Stellung nicht angreifen, ich werde mich zurückziehen. Aber
lassen sie alle Welt glauben, daß es noch immer meine Absicht
ist, eine Schlacht zu liefern.“ Ahnliches begab sich am 16. und
17., als die Verbündeten, deren Generalissimus Schwarzenberg
in seiner überaus vorsichtigen Weise wieder zurückgegangen war,
nun doch wieder den Gebirgskamm erstiegen und die französischen
Vorposten zurücktrieben. Viele Momente machten den sonst so rasch
Entschlossenen unentschieden. Napoleon wußte, daß die schlesische
Armee unter Blücher den Vormarsch nach der Elbe angetreten hatte,
umihm die nördliche Rückzugslinie im Verein mit der Nordarmee ab-
zuschneiden; die südliche war ihm durch die böhmische Armee
verlegt, die ihm vor allem auch die Zufuhr aus Bayern abschnitt;
wie lange würde er sich überhaupt in dem ausgesogenen Lande
halten können, wo kaum noch Korn und Mehl zu finden war
und die Ackerfurchen keine Kartoffel mehr bargen? Zudem riß
auch unter seinen Augen Desertion ein; auch Krankheiten blieben
nicht aus. Ersatz aber für die Abgänge war nicht zu beschaffen,
während die Verbündeten, namentlich die Preußen, sich wieder
zu ihrer Sollstärke ergänzen konnten. Sogar mit Thüringen
wurde die Verbindung unterbrochen. Thielmann, jetzt völlig in
seinem Element, überfiel am 11. Sept. bei Weißenfels, am 12.
bei Naumburg französische Truppenteile und nahm am 18. Sept.
Merseburg; dann schlug er am 20. im Verein mit dem Prinzen
Biron von Kurland eine Abteilung von 8000 Mann unter Lefebre-
Desnouettes bei Zeitz. Colomb, Blüchers Schwager, drang sogar
schon bis Schleusingen vor, wo er den Sachsen etwa 400 Mann
Gefangene und vor allem 390 Pferde abnahm.