Full text: Illustrierte Geschichte der Sächsischen Lande und ihrer Herrscher. II. Band, 1. Abteilung. Das Albertinische Sachsen von 1500 bis 1815. (3)

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Anch in diesem entscheidenden Momente, wo er sein Schichsal 
klar vor Augen sah, schenkte er dem treuesten seiner Bundes- 
genossen, der ihm doch nicht den geringsten Vorteil mehr bieten konnte, 
keinen reinen Wein ein, sondern tat so, als ob er in den nächsten 
Tagen mit neuen Truppen als Sieger zurückkehren werde. Den Gipfel 
der Unverschämtheit bedeutete es jedoch, wenn er sein Bedauern 
aussprach, daß Friedrich August nicht wenigstens bis Weißenfels 
mit ihm zöge. Der Königin aber warf er die Abtrünnigkeit 
ihres Bruders Max Josef von Bayern vor mit der Versicherung, 
daß er dies schon rächen werde. Nachdem er sich verabschiedet, 
sprach er noch die vor den Fenstern postierte sächsische Garde an, 
sie sollten die Sicherheit ihres Königs besonders wahren; daraus 
hat die Legende eine große Parade gemacht. Dann ritt der Kaiser 
weiter, anfänglich in der Absicht, durch die Hainstraße aus der 
inneren Stadt zu kommen; aber gegen das Ranstädter Tor war 
der Weg so von Artillerie und Trainkolonnen gesperrt, daß an 
ein Durchkommen nicht zu denken war; er ritt also durch die 
Fleischergasse und Klostergasse zum Peterstor hinaus nach der 
Seite hin, wo Kampf und Kanonendonner ihn zu rufen schie- 
nen. Dann kehrte er aber um und gelangte durch die Burgstraße 
und das Thomaspförtchen auf die Promenade und dann von 
dieser über das sog. Hahnreibrückchen und durch das Naundörfchen 
nach dem Ranstädter Steinweg. Auch hier war, da der Elster- 
mühlgraben damals die Straße noch in ihrer Länge durchfloß 
und nur zu einer Seite eine schmale Fahrstraße freiließ, das 
Getümmel des Rückzugs schon so dicht, daß die Begleiter Napoleons 
dem Kaiser mit Säbelhieben Platz schaffen mußten. Endlich ge- 
langte er auf die Frankfurter Straße, glücklicher als der tapfere 
Fürst Anton Josef Poniatowski, der beim Versuche, die Elster 
zu Pferde zu durchschwimmen, umkam, und befand sich nach 10 Uhr 
des Vormittags vor Lindenau, als er im Rücken eine bedeutende 
Detonation vernahm: die Brücke über die Elster und über ihre 
damals noch vorhandenen Seitenarme am Ende des Ranstädter 
Steinwegs war in die Luft gesprengt worden. Napoleon hatte 
zwar den Befehl gegeben, die Brücke zu unterminieren und, wenn 
das Heer im wesentlichen darüber hinweg sei, sie bei dem Heran-
	        
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