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So blieb es denn bei dem einmal verwirkten Schicksal. Unter
russischer Aufsicht und Bedeckung, dargestellt durch den Staatsrat
Andstett und den Fürsten Gallizin und durch eine Kosakeneskorte
trat der König mit seiner Familie am 23. Okt. früh 4 Uhr
die Reise nach Berlin an. In dem Gefolge befanden sich der
Minister von Einsiedel, der polnische Generaladjutant Graf Tur-
now, dessen Abkömmlichkeit wohl niemand bestritten haben würde,
nebst seinem Adlatus Blezinski, und der Hauptmann der Schweizer-
garde, von Montbé, der nur aus Anhänglichkeit mitging, aber
aus altüberlieferten und geheiligten Etiketterücksichten, weil er noch
nicht die entsprechende Hof-Rangordnung erlangt hatte, vom Könige
nie einer persönlichen Anrede während seiner Gefangenschaft ge-
würdigt wurde. Bei Aken an der Elbe löste preußische Landwehr
die Russen ab; in langsamen Etappen ging es auf Berlin zu;
wo man am 26. Okt. im königlichen Schlosse anlangte. Zwei
Tage vorher war König Friedrich Wilhelm III. in seine Haupt-
stadt zurückgekehrt, ließ sich aber erst nach einem zweiten Hand-
schreiben des Königs Friedrich August zu einem Besuche des könig-
lichen Paares veranlassen.
In derselben Stadt, in deren Gauen der ruhmreiche Sieg
errungen worden war, ließ sich nun die in dem Vertrage von
Kalisch schon vorgesehene Zentralverwaltungsbehörde nieder. Wir
wissen, daß sie ursprünglich für alle Rheinbundstaaten in Kraft
treten sollte, die sich nicht bis zu einem gewissen Termine von
Napoleon losgesagt haben würden. Fast alle hatten diesen Termin
überschritten, sahen sich aber dann noch in letzter Stunde durch
die entgegenkommende Staatskunst Metternichs die Wege geebnet.
Nur Sachsens Herrscher war gewissermaßen mit der Waffe in
der Hand gefangen genommen worden. Stein, der es mit Recht
für die größere Aufgabe hielt, im Hauptgquartier die Fortsetzung
des Kampfes zu betreiben, ließ in dem russischen Generalmajor
Fürsten Repnin einen mit den deutschen Verhältnissen gut ber—
trauten und vor allem wohlwollenden Mann in Leipzig zurück,
während er selbst nach Frankfurt weiter eilte. Am 22. Okt. 1813
trat Fürst Repnin sein Amt an, für dessen Verwaltung ihm
monatlich 1000 Reichstaler aus Landesmitteln ausgeworfen waren.