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gebung aus, von denen ja keines verschont geblieben, die meisten
der Schauplatz des wütendsten Kampfes gewesen waren! In der
näheren und weiteren Umgebung Leipzigs wurde für 63 Dör-
fer, die in Mitleidenschaft gezogen waren, von kundiger Seite
der erlittene Schaden auf 3½ Millionen Taler berechnet. Ahrlich
aber war der Zustand in den Gegenden, durch die im wechselnden
Vor= und Zurückfluten die Heere hindurchgezogen waren, wie
vor allem in den Lausitzen. Man wird in den Schilderungen an
die Zeiten des Dreißigjährigen Krieges erinnert, wenn man von
all dem Elende liest, dem die Bewohner des schönsten und reichsten
Landes Deutschlands nun ohnmächtig gegenüberstanden. Pferde,
Rindvieh, Schafe, Ziegen von Freund wie Feind weggetrieben
oder requiriert, kein Getreide für den täglichen Bedarf, geschweige
für die neue Aussaat vorhanden, die Felder verwüstet, die Wohn-
stätten und Ställe an so vielen Orten niedergebrannt, daß die
Landesbrandkasse, in derselben Notlage wie alle anderen öffent-
lichen Kassen, nur ein Sechstel der Versicherungssummen zahlen
konnte. Und alle diese Übel zu vermehren, trieb sich allerhand
Gesindel im Lande herum, namentlich viele russische, aber auch
noch französische Marodeurs, denen sich andere verzweifelte Ge-
sellen angeschlossen hatten.
Aber insofern glich doch der Zustand dem nach dem Dreißig-
jährigen Kriege nicht, als sich allenthalben berufene Kräfte regten,
um den Schäden wieder abzuhelsen. Zunächst schickte Fürst Repnin
den als Patrioten bekannten General von Vieth nach Frankfurt
an den Kaiser Alexander, um diesem die Not des Landes zu
schildern. Daraufhin überwies der Zar der Landesverwaltung
eine Summe von 8000000 Franken. Ferner wurde eine von Blücher
ausgeschriebene unerschwingliche Kriegssteuer, soweit sie schon be-
zahlt war, zurückgegeben und der Rest erlassen. Stein sorgte
für Getreideeinfuhr aus Böhmen, Schlesien, Polen und Mecklen-
burg, ingleichen auch für Einbringung von neuem Vieh. Die
Verteilung erfolgte dann entweder unentgeltlich oder gegen mäßige
Zahlung oder auf Abzahlung in Raten. Ferner wurden die landes-
herrlichen Waldungen zur Lieferung von Brennholz und Bauholz
herangezogen. Durch Sammlungen kamen erhebliche Barmittel