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angeblich dort zurückgehaltene Offiziere und Kameraden zu be—
freien. Die sächsische Wache vor der Türe und im Hause des
Marschalls, nämlich die 2. Kompagnie des 3. Bataillons unter
Hauptmann Geibler, tat ihre Pflicht mit aufopfernder Treue,
wie auch Reiterei und Artillerie dem unsinnigen Treiben sich fern-
hielten. Natürlich war Blücher im höchsten Grade erregt und empört;
wie einige seiner Offiziere sich mit dem Degen den Aufrührern
unter höchster Lebensgefahr entgegenwarfen, wollte er auch mit
gezücktem Säbel sich unter sie stürzen. Man beschwichtigte ihn
mit Mühe und brachte ihn durch eine Hintertüre aus der Stadt,
wo er zwei Meilen vor Lüttich sein Quartier nahm. Doch litt
es da den alten Haudegen nicht; er eilte doch dem Grenadier-
bataillon, dessen Abzug nach Huy er mit dem Kommando über
Lüttich betrauten Oberst von Zezschwitz sofort anbefohlen hatte,
entgegen; trotzig aber verweigerten ihm die Soldaten die Ehren-
bezeugung. Am nächsten Morgen traf weiterer Befehl ein, die
Stadt überhaupt von sächsischen Truppen zu räumen. Diese —
es waren das 2. und 3. Grenadierbataillon und das 2. Linien-
regiment — sollten, getrennt vom Gardebataillon in der Richtung
auf Aachen über Verviers und Maastricht marschieren; kaum daß
die Offiziere die Aufsässigen dazu bewegen konnten. Auf diesem
Abmarsche aber brachen erneut bei den Grenadierbataillonen Tu-
multe aus:; die Soldaten schrien, daß sie zu ihrer Fahne müßten
und diese hatte das erste, das Gardebataillon: „der Garde nach!“
war der allgemeine Ruf. Gneisenau, der genug preußische Truppen
zur Verfügung hatte, um die meuternden Sachsen zum Einhalten
der anbefohlenen Marschroute zu zwingen, wollte jedoch das
Außerste vermeiden und verstattete ihnen zunächst den Abmarsch
nach Huy, der namentlich infolge des Rücktritts der meisten Offi-
zierc völlig disziplinlos vor sich ging.
Selbstverständlich konnte solche Meuterei, die angesichts des
heranmarschierenden Feindes sich hervorgewagt hatte, nicht straf-
los ausgehen. Das 2. und 3. Grenadierbataillon wurde am
5. Mai bei Logent und Ralaux entwaffnet, mit Ausnahme der
vorerwähnten Geiblerschen Kompagnie, die der Marschall sogar
zu seiner Leibwache ernannte und bis Namur mitnahm, von wo