Full text: Illustrierte Geschichte der Sächsischen Lande und ihrer Herrscher. II. Band, 2. Abteilung. Das Albertinische Sachsen von 1815-1904. (4)

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gewesen; die pietistisch-mystischen Konventikel des Pastors Stephan 
in Dresden, von denen schon früher die Rede war, und im Tale 
der Zwickauer Mulde hier und da Nachahmung fanden, wurden 
von der Majorität der Bevölkerung mit mißtrauischer Antipathie 
beobachtet. Aber neben der rationalistischen Auffassung des Chri- 
stentums schlug eine strengere, orthodoxe, namentlich in den lei- 
tenden Kreisen, immer zahlreichere Wurzeln und dies führte bald 
zu einem Konflikte. Gegen den in Preußen unter des Ministers 
von Eichhorn Schutz die Herrschaft ausübenden Orthodoxismus 
bildete sich um den Prediger Leberecht Uhlich in Pömmelte 
bei Magdeburg ein Kreis von Anhängern, die sich „protestantische 
Freunde"“ nannten und bekannten, daß sie zwar auf dem Boden der 
Heiligen Schrift stünden, aber dieselbe im Lichte der Zeit mit allen 
Mitteln der Wissenschaft auszulegen gemeint seien; man nannte sie 
deswegen die „Lichtfreunde“. 1845 erfolgte auf der Ver- 
sammlung eines größeren Kreises zu Leipzig der Beschluß, regel- 
mäßige Zusammenkünfte in Köthen zu halten. Wie in Leipzig 
erschien Uhlich auch in Dresden und Zwickau und hielt Versamm- 
lungen im Sinne der lichtfreundlichen Gemeinde ab. Da erschien 
am 17. Juli 1845 eine von sämtlichen in evangelicis beauf- 
tragten Ministern unterzeichnete Bekanntmachung, in der sie sich 
gegen die neuen Bestrebungen als gegen die evangelische Kirche 
und namentlich gegen das Augsburgische Glaubensbekenntnis ge- 
richtet, in energischer Weise unter Beziehung auf ihren, zur Er- 
haltung der Augustana geleisteten Amtseid aussprachen, vor der 
Teilnahme an diesen Bestrebungen warnten und schließlich ins- 
besondere die Geistlichkeit zum treuen Ausharren beim Bekennt- 
nisse aufforderten. Zwei Tage später erschien ein Verbot aller 
Vereine und Versammlungen, welche die Augsburgische Konfession 
in Frage ziehen könnten. Wenn in der Erklärung der Staats- 
minister gesagt war, daß durch die Verfassung zwar Glaubens- 
und Gewissensfreiheit garantiert sei, daß aber jene Bestrebungen 
über die Grenzen der Gewissensfreiheit hinaus gingen, so sahen 
die Liberalen gerade in dieser ministeriellen Außerung eine der 
Verfassung widersprechende Einschränkung der Glaubens= und Ge- 
wissensfreiheit. Da gleichzeitig die Deutschkatholiken über behörd-
	        
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