Full text: Illustrierte Geschichte der Sächsischen Lande und ihrer Herrscher. II. Band, 2. Abteilung. Das Albertinische Sachsen von 1815-1904. (4)

namentlich in Preußen, sehr gefürchtet. In Sachsen betrachtete 
man, dank Lindenaus Nachsicht, die Jahrbücher als eine der Kon- 
zession nicht bedürfende wissenschaftliche Zeitschrift. Aber als im 
Ministerium die reaktionäre Richtung Oberwasser bekam und 
Lindenau ausschied, erteilte das Ministerium unaufgefordert dem 
Verleger zu dessen Überraschung eine Konzession auf Widerruf, 
die es auch alsbald benutzte; denn unter Preußens Einwirkung 
ward 1843 den Jahrbüchern die Konzession entzogen. Eine Be- 
schwerde, die Ruge und Wigand deswegen an den Landtag brachten, 
erfuhr dort merkwürdigerweise eine Ablehnung mit starker Ma- 
jorität. Gerade dieser Landtag beschäftigte sich wieder eingehender mit 
dem Preßwesen gelegentlich eines dürftigen Gesetzes, das die Re- 
gierung über die Zensur vorlegte. Denn in Sachsen war man 
seinerzeit noch reaktionärer als der Bundestag gewesen und hatte 
sogar die über 20 Bogen starken Bücher der Zensur unterstellt, 
die die Karlsbader Beschlüsse freigegeben hatten. Außerdem be- 
diente man sich der sog. Nachzensur, indem man nämlich eine 
schon erteilte Druckerlaubnis zurückzuziehen sich das Recht nahm, 
wenn der Zensor irgend etwas Gemein= und Staatsgefährliches 
noch nachträglich entdeckte. Trotz einer sehr eingehenden, die Un- 
haltbarkeit der augenblicklich geltenden Vorschriften überzeugend 
beleuchtenden Rede des Leipzigers Brockhaus, die auch auf die 
vorteilhaftere Lage der süddeutschen Buchhändler und deren da- 
durch verstärkte Konkurrenzfähigkeit hinwies, konnte man, nament- 
lich da auch die erste Kammer den Standpunkt der Regierung 
teilte, nicht mehr erreichen, als daß in dem Gesetz vom 5. Febr. 
1844 die Nachzensur beseitigt und die Pflicht zur Namhaftmachung 
der Verfasser von Zeitungsartikeln für die Redakteure und Ver- 
leger eingeschränkt wurde. 
Es entsprach der Haltung der Regierung, wenn sie die Zensur- 
praxis noch verschärfte. Alles selbständige politische Denken sollte 
eingeschränkt werden, weshalb von auswärts kommende Schriften 
über solche Themen einfach verboten und nach ihnen sogar die 
zu Leipzig anlangenden Bücherballen durchsucht wurden, die im 
Lande aber aufkommenden Organe, die sich mißliebig machten, 
erfuhren dasselbe Schicksal, wie Helds Lokomotive, Wigands Viertel-
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.