Full text: Illustrierte Geschichte der Sächsischen Lande und ihrer Herrscher. II. Band, 2. Abteilung. Das Albertinische Sachsen von 1815-1904. (4)

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Souveränitätsrechte aufzugeben, als sich zur Umgestaltung eines 
Staatenbundes in einen Bundesstaat notwendig erweisen werde. 
Gewiß unter dem Drucke der Ereignisse und der Zeitströmung, 
aber darum in nicht minder anerkennenswerter Weise ging die 
erste Kammer in der Neugestaltung des sächsischen Staates voran, 
indem sie in Übereinstimmung mit der zweiten Kammer einen 
Antrag auf völlige Gleichstellung des ritterschaftlichen und bäuer- 
lichen Grundbesitzes unter Wegfall der Jagd-, Patronats-, Ge- 
meindesteuerprivilegien u. a. und auf eine schnelle und billige 
Ablösung der sonstigen gutsherrlichen Rechte einbrachte und diesen 
Antrag nur gegen fünf Stimmen annahm, während die zweite 
Kammer natürlich einstimmig beitrat. Dagegen wandte sich diese 
gegen das von der Regierung durch den Minister Braun ein- 
gebrachte neue Wahlgesetz, das nur eine Reform der zweiten Kam- 
mer vorsah, dagegen die Zusammensetzung der ersten Kammer 
unangetastet ließ. Schon wurden auch bei der Linken Stimmen 
laut, daß man die erste Kammer als ein Nest der Reaktion über- 
haupt abschaffen müsse. Doch erklärte sich die zweite Kammer für 
deren Beibehaltung mit einer Majorität von immerhin 31 Stimmen, 
aber unter der Voraussetzung einer Reform, und wies deshalb 
das Wahlgesetz zurück, das die Regierung am 7. Juli mit dem 
Versprechen zurückzog, ein neues auf Grund der erfahrenen 
Anregungen ausarbeiten zu wollen. 
Zwischendurch erledigte die Kammer die zweifellos liberalen 
Gesetzentwürse über die Presse, über Versammlungs= und Koa- 
litionsrecht; die Gemeindewahlen wurden zu direkten umgestaltet, 
im Heere die Losziehung und Stellvertretung abgeschafft, die 
Deutschkatholiken als christliche Kirchengemeinschaft anerkannt. Un- 
erledigt blieben dagegen die Kirchenverfassung, die Schulgesetz- 
gebung und vor allem die Reform der Justizgesetze. Allerdings 
wurden provisorisch für Preßvergehen und für einzelne politische 
Vergehungen Geschworenengerichte zugestanden, deren Beisitzer 
nach der Anordnung des Justizministers Braun sogar aus 
allgemeinen Wahlen hervorgehen sollten. Schließlich kam man 
auch noch zur Beratung des neuen Wahlgesetzes, dessen lang- 
same Entstehung allerhand Gerüchten von reaktionären Einflüssen
	        
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