Full text: Illustrierte Geschichte der Sächsischen Lande und ihrer Herrscher. II. Band, 2. Abteilung. Das Albertinische Sachsen von 1815-1904. (4)

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entrichtete. Die von der Vorlage vorgesehene besondere Ver- 
tretung der Universität sowie der Geistlichkeit und Lehrerschaft 
wurde abgelehnt. Man sieht, daß die Unterscheidungsmerkmale 
der ersten und zweiten Kammer äußerst gering waren; auch 
wurde die Bedeutung der also nur 50 Köpfe zählenden ersten 
Kammer noch dadurch verringert, daß bei eintretender Mei- 
nungsverschiedenheit beide Kammern geeint beraten und dann die 
schlichte Majorität entscheiden sollte. Da das Ministerium ge- 
droht hatte, bei Nichtannahme dieses Gesetzes zurückzutreten, so 
nahm die erste Kammer unter dem Proteste der Standesherren 
gegen die in ihre Rechte mit dem neuen Wahlgesetze geschehenden 
Eingriffe das Gesetz auch ihrerseits an. — Von besonderer Wichtig- 
keit war bei dem neuen Gesetze die Erteilung des Stimmrechts 
an das aktive Militär, das dadurch in den politischen Partei- 
kampf gezogen wurde, nachdem die Sendlinge der Vaterlands- 
vereine schon längst daran gearbeitet hatten, die Disziplin zu 
untergraben. Da den Soldaten von der geängsteten Regierung 
der Besuch politischer Vereine und Versammlungen freigegeben, 
ihr Petitionsrecht ausdrücklich anerkannt worden war, so durfte 
man sich über den überhandnehmenden Geist der Zuchtlosigkeit 
nicht wundern. Er führte in Dresden sogar zur Aufhebung der 
vollständig demokratisch infizierten roten Leibgardedivision. 
Ganz charakteristisch für die Lage in Sachsen war aber die 
Haltung von Volksvertretung und Regierung gegenüber den Frank- 
furter Einheitsbestrebungen. Am 27. Mai war vom Parlament 
beschlossen worden, daß alle Bestimmungen einzelner deutscher 
Verfassungen, welche mit der von dem souveränen deutschen Parla- 
mente zu begründenden allgemeinen Reichsverfassung nicht über- 
einstimmen würden, als ungültig zu betrachten wären. Das schien 
anfangs auch die Anschauung der äußersten Linken im sächsischen 
Landtage zu sein. Wenigstens brachte Tzschirner im August den 
Antrag auf unbedingte Anerkennung der Beschlüsse der souveränen 
Nationalversammlung ein. Die Regierung antwortete am 28. Aug. 
unter Berufung auf § 2 der Verfassung mit besonders scharfer 
Betonung des Entscheidungsrechtes der Kammern, wenn es sich 
um eine Minderung der Kronrechte handle. Bald danach vollzogen
	        
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