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den Soldaten angesehen, für die man entgegen einem anfäng-
lichen Verbote den Besuch von politischen Versammlungen und
den Zutritt zu republikanischen Vereinen erzwang. Die radi-
kale Mehrheit in den Kammern fuhr fort, dem neuen Ministerium
Schwierigkeiten über Schwierigkeiten zu machen und schlug dabei
einen Ton an, der aus dem klassischen Worte widertönt: „Gegen
die Regierung muß man grob sein, sonst merkt sie es nicht!“
Das von der äußersten Linken am 28. März eingebrachte Miß-
trauensvotum gegen das Ministerium, das der politischen Bildungs-
stufe, die die Mehrheit des sächsischen Volkes erreicht habe, nicht
entspräche, wurde zwar mit sechs Stimmen Majorität zunächst
vertagt. Aber wenige Tage danach wurde ein anderer Sturm-
bock vorgeschoben, nämlich die Frage der Reichsverfassung. In
dieser Angelegenheit zeigte sich der wahre Charakter der Radi-
kalen in der abstoßendsten Weise. Bislang hatten sie von der
Reichsverfassung mit dem erblichen Kaisertum an der Spitze nichts
wissen wollen, nur die Grundrechte hatten Gnade vor ihren Augen
gefunden. Nun war am 27. März von der Frankfurter Versamm-
lung die Erblichkeit des Kaisertums mit freilich nur vier Stimmen
Mehrheit angenommen worden, am 28. März erfolgte die Wahl
Friedrich Wilhelms IV. von Preußen zum deutschen Kaiser mit
290 Stimmen, während sich 248 Mitglieder der Abstimmung
enthielten. Bekanntlich erteilte dann der König am 3. April
der an ihn gesandten Parlamentsdeputation einen im allgemeinen
zwar ablehnenden Bescheid, der jedoch, die Zustimmung der an-
deren deutschen Fürsten und die Revision der Reichsverfassung
vorausgesetzt, noch immer einen Hoffnungsschimmer übrig ließ.
Diese Zeit der noch schwankenden Entscheidung erwählte die Linke
am 12. April zu einem von dem Kreisamtmann Heubner aus
Freiberg eingebrachten dringlichen Antrag auf sofortige Publi-
kation der Reichsverfassung. Zur Beruhigung der Gemüter, die
in dem erblichen Kaisertum eine schwere Beeinträchtigung der
Volkssouveränität sahen, äußerte sich Schaffrath am 14. April
mit zynischer Offenheit: „Das Erbkaisertum brauchen Sie nicht
zu fürchten, das kommt nicht zustande trotz aller Beschlüsse; noch