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entlassen mit Ausnahme von zweien, die zur Aufrechterhaltung
der Ordnung zurückbehalten wurden. Da diese aber bald danach
sich ungefügig zeigten, als es galt, die Volksmenge auseinander
zu treiben und den beginnenden Barrikadenbau zu hindern, dankten
Lenz und der Kommandant des ersten Bataillons von Branden-
stein ab.
Um die Mittagsstunde war auch ein Plakat, von Dr. Mink-
witz unterzeichnet, angeheftet worden, in dem es u. a. hieß:
„Der König hat sich ... namentlich auf Preußen und Bayern
berufen. Nach der neuesten preußischen Note steht uns die Be-
setzung des Landes mit preußischen Truppen bevor. Die Stadt-
verordneten zu Dresden werden deshalb heute die Nieder-
setzung eines Landesverteidigungsausschusses gegen
fremde Truppen beantragen.“ Zur Organisierung aber des
Kampfes stand den Leuten des Aufruhrs ein Mann von zweifellos
hervorragenden Talenten zu Gebote, der 1814 zu Torschok im
Gouvernement Twer geborene russische Revolutionär Michael
Bakunin. Er war 1841, nachdem er schon drei Jahre vorher
aus der russischen Armee ausgeschieden war, nach Deutschland ge-
kommen, um sich unter Fortsetzung seiner wissenschaftlichen Stu-
dien in Berlin dem Hegelianismus zu widmen; während des
Jahres 1842 war er Mitarbeiter an Arnold Ruges „Deutschen
Jahrbüchern“. In den folgenden Jahren lebte er meist in Paris,
aber auch in der Schweiz, als Demokrat sozialistischer Richtung,
in Verbindung mit polnischen und russischen Emigranten an der
Insurrektion seiner Heimat tätig, weshalb ihn noch in letzter
Stunde ihres eigenen Daseins die französische Regierung im Ja-
nuar 1848 auswies. Er verbarg sich in Brüssel, während die
russische Regierung einen Preis von 10000 Rubeln auf seinen
Kopf aussetzte. Der Ausbruch der Februarrevolution führte ihn
nach Paris zurück. Nach der Junischlacht aber begab er
sich nach Prag und nahm an dem Slawenkongreß und den
dann von Windischgrätz niedergeworfenen Unruhen teil, worauf
er, ein echter Wandervogel der Revolution, in Berlin erschien.
Der Eintritt einer energischeren Richtung in der Staatsleitung
wies ihn im Oktober auch von da aus; in Dresden wollte man
Sturmhoefel, Geschichte der sächsischen Lande. II. 9 "