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und Berliner Muster durch die Menge. Das 5. Bataillon der
Kommunalgarde rückt heran, aber ohne Schießbedarf, um die
Menge von dem Zeughause zu vertreiben. Aber gleich der erste
Zug wird von den Soldaten mit Flintenschüssen empfangen;
schleunigst, ohne Verlust erlitten zu haben, zieht sich das Ba-
taillon zurück. Überhaupt spielte die Kommunalgarde während der
folgenden Ereignisse eine wenig beneidenswerte Rolle. Von den
Regierungstruppen wie von den Revolutionären beargwöhnt und
gering geschätzt, nahm sie nicht in Formation am Kampfe teil,
sondern nur einzeln oder in kleineren Abteilungen. — Schon aber
kommt ein neuer Trupp Aufständischer und rennt mit Hilfe eines
Leiterwagens das Tor des Zeughauses ein. Aber ein Kartätschen-
schuß streckt an 20 Tote und Verwundete zu Boden, die An-
greifer weichen in wilder Flucht zurück, und das Tor wird wieder
genügend verrammelt.
Während dieser Vorgänge befand sich eine neue Deputation
des Stadtrates und der Stadtverordneten beim Könige, um noch
ein letztes Mal die Annahme der Reichsverfassung zu befürworten.
Der König war sichtlich bewegt und zog sich zu ernster Sammlung
in sein Kabinett zurück. Als er wieder erschien, sagte er: „Ich
bin mit niemandem zu Rate gegangen, als mit meinem Ge-
wissen; ich kann meinen Entschluß nicht ändern, ich habe mein
Wort gegeben.“ Die Nachricht von der erneuten Weigerung des
Königs und dem Blutvergießen am Zeughause brachte die Er-
hebung etwas mehr in Gang. Vom Balkon des Altstädter Rat-
hauses, der mit den deutschen Farben geschmückt war, forderte
Tzschirner zum Widerstande und zum Bau von Barrikaden auf.
Bei dem Bau der letzteren verwendete der Hofbaumeister Semper
seine bautechnischen Kenntnisse in einer bei seiner Berufung nicht
vorgesehenen Weise. Die Granitplatten des Bürgersteigs und
das Pflaster der Straße bildeten mit umgestürzten Karren will-
kommenes Material. Zur Hinderung etwa eingreifender Reiterei
wurden die Schleusen, die damals noch nicht so tief lagen, ab-
gedeckt. Die größten Barrikaden standen am Ausgange der Wils-
druffer Gasse, auf dem Postplatze, und auf der Schloßgasse an der
Rosmarin= und Brüdergasse, also in nächster Nähe des Schlosses