Full text: Illustrierte Geschichte der Sächsischen Lande und ihrer Herrscher. II. Band, 2. Abteilung. Das Albertinische Sachsen von 1815-1904. (4)

— 136 — 
lassen worden. Die Reichsverfassung ist verleugnet. Mitbürger! 
das Vaterland ist in Gefahr! Es ist notwendig geworden, eine 
provisorische Regierung zu bilden usw.“ Ebenso wie die beiden 
ersten Sätze eine bewußte Übertreibung enthielten, so entsprach 
es der Wahrheit nicht, wenn im weiteren versichert wurde, daß 
die Stadt Dresden geschworen habe, mit der Reichsverfassung 
zu leben und zu sterben. Gleichzeitig erließ die provisorische Re- 
gierung einen Aufruf an die Soldaten, die auch von der Flucht 
des Königs und der Minister ausging und jene unter der Er- 
innerung an ihren Staatsbürgereid zur Verteidigung der Landes- 
und Reichsverfassung aufrief. Verhandlungen, die während des 
Nachmittags zwischen der Besatzung des Zeughauses zu deren 
Verproviantierung und dem Rate stattfanden und äußere Teile 
des Zeughauses der Kommunalgarde zur Verfügung stellten, be- 
nutzte Tzschirner, um vom Balkon des Rathauses zu verkünden, 
daß die Truppen im Zeughause übergegangen seien, und eine 
zugleich erscheinende Kundmachung mußte durch ihren Eingang 
bei Unkundigen die Vorstellung erwecken, als ob das ganze „brave 
sächsische Militär dem Gebote der Pflicht gegen die heiligen Interessen 
des Vaterlandes Genüge geleistet“ habe. Im übrigen verdrängten 
die Leipziger Schützen, die mittags anderthalb Bataillon stark 
mit der Eisenbahn angekommen waren, die Kommunalgarde aus 
dem Zeughause. Abends gegen 10 Uhr langten auf gleichem 
Wege zwei Bataillone des Leibregiments in der Neustadt an, 
denen während der Nacht das 3. Bataillon aus Schneeberg folgte. 
Immerhin war das Militär noch der Zahl nach bei weitem schwächer 
als die Aufständischen und konnte bei der wachsenden Menge 
der Barrikaden an einen Angriff nicht denken. Die Truppen 
begnügten sich deshalb auch weiterhin noch mit der Besetzung der 
Terrasse, des Zeughauses, des Schlosses und des Schloßplatzes, 
so daß mit Ausnahme weniger Schüsse auch am 4. und in der 
Nacht zum 5. Mai keine eigentlichen Kämpfe stattfanden. Da- 
gegen nahmen die in der vorerwähnten Weise verstärkten Truppen 
in der Frühe des 5. Mai Stellungen ein, die auf den Übergang 
zum Angriff schließen ließen, weshalb auch die Aufrührer von 
früh 7 Uhr an Sturm zu läuten begannen.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.