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Gesamtministeriums ließ man zwar alle sonstigen Bedenken gegen
einzelne Bestimmungen des Verfassungsentwurfes fallen, vereinigte
sich aber dahin, dem Könige die Annahme des Verfassungs-
entwurfes nur für den Fall vorzuschlagen, daß es gelänge, den
Beitritt der übrigen deutschen Staaten mit Ausnahme von Oster-
reich, namentlich aber Bayerns und Württembergs dazu zu er-
langen, im gegenteiligen Falle aber zur Ablehnung zu raten,
da dann der Entwurf nur zu einer Zerreißung des außeröster-
reichischen Deutschlands und zur Bildung eines nur den Inter-
essen Preußens dienenden Sonderbundes führen könne. Damit
war durchaus die Ansicht des Königs getroffen, der, noch auf
dem Königstein weilend, im Laufe desselben Tages von dem
Ergebnis der Ministerberatung unterrichtet wurde, ehe Beust
sich wieder nach Berlin begab. Der Zug, den dieser nach Berlin
benutzte, erlitt durch ein Unwetter Verspätung. Ein Abgesandter
des Generals von Radowitz holte ihn ab, und sofort begannen
die Verhandlungen, an denen auch der hannoversche Bevollmächtigte
Dr. Stüve und der bayrische Graf von Lerchenfeld teilnahmen;
letzterer war zunächst noch ohne Instruktion. Die Sitzung dauerte
bis früh 3 Uhr, und dann erfolgte die Unterzeichnung des Ver-
fassungsentwurfs, seitens Beusts unter Vorbehalt einer zunächst
die Oberhauptfrage betreffenden näheren Erklärung, die dann
auch im Laufe des 27. Mai der preußischen Regierung zugestellt
wurde. Sie lautete in ihren wesentlichen Stücken folgendermaßen:
„Die Königlich sächsische Regierung will und darf jedoch keinen
Zweifel darüber bestehen lassen, wie sie diesen Entschluß (nämlich
die Verfassung anzunehmen) allein zu dem Zwecke und in der Er-
wartung gefaßt hat, daß diese Verfassung Gemeingut und nicht
nur eines Teiles derselben werde. Sie verkennt nicht, daß der
Eintritt der österreichischen Lande in der nächsten Zeit nicht ge-
hofft werden darf. Allein die Aufnahme des gesamten übrigen
Deutschlands in den Reichsverband, welcher unbeschadet der der
österreichischen Regierung durch die Bundesverfassung gesicherten
Rechte erzielt werden soll, hält dieselbe als Bedingung dafür
fest, daß sie selbst zu einem bleibenden Verharren in demselben
auf Grund der vereinbarten Verfassung verpflichtet sei. Sollte