Full text: Illustrierte Geschichte der Sächsischen Lande und ihrer Herrscher. II. Band, 2. Abteilung. Das Albertinische Sachsen von 1815-1904. (4)

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Gesamtministeriums ließ man zwar alle sonstigen Bedenken gegen 
einzelne Bestimmungen des Verfassungsentwurfes fallen, vereinigte 
sich aber dahin, dem Könige die Annahme des Verfassungs- 
entwurfes nur für den Fall vorzuschlagen, daß es gelänge, den 
Beitritt der übrigen deutschen Staaten mit Ausnahme von Oster- 
reich, namentlich aber Bayerns und Württembergs dazu zu er- 
langen, im gegenteiligen Falle aber zur Ablehnung zu raten, 
da dann der Entwurf nur zu einer Zerreißung des außeröster- 
reichischen Deutschlands und zur Bildung eines nur den Inter- 
essen Preußens dienenden Sonderbundes führen könne. Damit 
war durchaus die Ansicht des Königs getroffen, der, noch auf 
dem Königstein weilend, im Laufe desselben Tages von dem 
Ergebnis der Ministerberatung unterrichtet wurde, ehe Beust 
sich wieder nach Berlin begab. Der Zug, den dieser nach Berlin 
benutzte, erlitt durch ein Unwetter Verspätung. Ein Abgesandter 
des Generals von Radowitz holte ihn ab, und sofort begannen 
die Verhandlungen, an denen auch der hannoversche Bevollmächtigte 
Dr. Stüve und der bayrische Graf von Lerchenfeld teilnahmen; 
letzterer war zunächst noch ohne Instruktion. Die Sitzung dauerte 
bis früh 3 Uhr, und dann erfolgte die Unterzeichnung des Ver- 
fassungsentwurfs, seitens Beusts unter Vorbehalt einer zunächst 
die Oberhauptfrage betreffenden näheren Erklärung, die dann 
auch im Laufe des 27. Mai der preußischen Regierung zugestellt 
wurde. Sie lautete in ihren wesentlichen Stücken folgendermaßen: 
„Die Königlich sächsische Regierung will und darf jedoch keinen 
Zweifel darüber bestehen lassen, wie sie diesen Entschluß (nämlich 
die Verfassung anzunehmen) allein zu dem Zwecke und in der Er- 
wartung gefaßt hat, daß diese Verfassung Gemeingut und nicht 
nur eines Teiles derselben werde. Sie verkennt nicht, daß der 
Eintritt der österreichischen Lande in der nächsten Zeit nicht ge- 
hofft werden darf. Allein die Aufnahme des gesamten übrigen 
Deutschlands in den Reichsverband, welcher unbeschadet der der 
österreichischen Regierung durch die Bundesverfassung gesicherten 
Rechte erzielt werden soll, hält dieselbe als Bedingung dafür 
fest, daß sie selbst zu einem bleibenden Verharren in demselben 
auf Grund der vereinbarten Verfassung verpflichtet sei. Sollte
	        
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