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es daher nicht gelingen, den Süden Deutschlands in den Reichs-
verband, wie er durch die fragliche Verfassung bestimmt worden,
aufzunehmen, was wesentlich davon abhängen wird, ob Bayern
sich demselben anschließt, sollte vielmehr nicht mehr zu erreichen
sein, als die Herstellung eines nord= und mitteldeutschen Bundes,
so müßte die Königlich sächsische Regierung für diese Eventualität
die Erneuerung der Verhandlungen und Umgestaltung der ver-
einbarten Verfassung ausdrücklich vorbehalten.“ Nachdem noch
besonders betont worden ist, daß das Opfer an Selbständigkeit
allein dem Bedürfnis der deutschen Einheit gelte, heißt es am
Schlusse: „Die Königlich sächsische Regierung darf daher nach
freimütiger Darlegung vorstehender Gründe nicht besorgen, ihre
Absicht verkannt zu sehen, wenn sie sich für den Fall, daß bis
zu dem Zeitpunkte der Einberufung des ersten Reichstags jene,
ihre Entschließung bedingende Voraussetzung sich nicht verwirk-
licht haben sollte, das Recht anderweitiger Verhandlung vor-
behält.“ Auf diese Erklärung wurde auch in der Ratifikations-
urkunde vom 10. Juni ausdrücklich Bezug genommen.
Aus dem mitgeteilten Aktenstücke geht trotz seiner verklaufu-
lierten Fassung klar hervor, was Sachsen wollte und was es nicht
wollte. Es wollte zugunsten der Einheit eines neuen Deutschen
Reiches alle die Opfer an Selbständigkeit bringen, die die
Reichsverfassung von ihm verlangte, es wollte aber nicht, daß
ein Sonderbund entstünde, der dem Wesen der Sache nach
nur aus nord- und mitteldeutschen Staaten bestehen könnte,
und die süddeutschen Staaten dann Osterreich zutreiben würde,
mit dessen Ausschließung die sächsische Regierung sich abge-
funden hatte. Den gleichen Standpunkt teilte auch die hanno-
versche Regierung. Preußen dagegen war darauf aus, einen
Bund zu begründen, in dem es die leitende Stellung einnehmen
würde, ohne Rücksicht darauf, wie wenige oder wie viele sich
diesem anschließen würden.
Jener von Beust im Auftrage seiner Regierung gemachte
Vorbehalt hat Veranlassung gegeben, Sachsen und Hannover
einer hinterhaltigen und doppelzüngigen Politik zu zeihen, als
ob man selbst an höchster Stelle nur zum Scheine auf die Vor-