Full text: Illustrierte Geschichte der Sächsischen Lande und ihrer Herrscher. II. Band, 2. Abteilung. Das Albertinische Sachsen von 1815-1904. (4)

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6.—16. Aug. mit der ganzen sächsischen Königsfamilie die Gast- 
freundschaft des Preußenkönigs in Anspruch nahm. Nur Prinz 
Albert fehlte, der sich zur Erholung von den Kriegsstrapazen 
seit 30. Juli in Norderney aufhielt. Auch hier sprach es der 
sächsische König erneut, namentlich Radowitz gegenüber, aus, daß 
eine Rekonstruktion eines ganzen einigen Deutschlands eine Not- 
wendigkeit sei, und hat diesen Gedanken auch wieder schriftlich in 
einem dann dem Könige Friedrich Wilhelm zugesandten Manu- 
skripte ausgesprochen. Ganz richtig wird darin anerkannt, daß dessen 
Bestrebungen einen nichtegoistischen Charakter trügen. „Diese Idee 
ist nicht aus dem Streben der Machtvergrößerung Preußens 
hervorgegangen; denn denkt man sich dieselbe vollständig durch- 
geführt, so wird zwar der König von Preußen an der Spitze 
Deutschlands stehen, aber Preußen hört als solches auf, eine 
europäische Macht zu sein. In der Tat ist auch die spezifisch- 
preußische Partei dieser Idee abhold und wünscht lieber eine 
Rückkehr des alten Bundesverhältnisses, in welchem Preußen eine 
selbständige Macht einnimmt, oder vielleicht noch lieber eine Tren- 
nung von Nord und Süd, wo dann Preußen im Norden herrschen 
würde.“ Ferner ist von dem in dem Verfassungsentwurfe vom 
26. Mai geplanten Parlamente die Rede, das ja von allen deut- 
schen Staaten beschickt werden sollte; da aber Württemberg über- 
haupt abseits stand und Bayern und Hannover nicht mehr ge- 
neigt schienen, auf die preußische Bundesstaatsidee einzugehen, so 
ließ sich nur ein Parlament denken, in dem Preußen durch die 
Anzahl seiner Stimmen über alle übrigen eine Zweidrittelmajorität 
besessen haben würde. Die Konstituierung eines Sonderbundes 
auf solcher Grundlage mußte zweifellos Differenzen mit den 
größeren genannten Staaten und vor allem mit Osterreich herbei- 
führen. „Welche Entscheidung in diesem Falle Sachsen fassen 
wird“ — so erklärte in jenen Tagen der sächsische König mit 
voller Offenheit — „kann ich ohne Rücksprache mit meinem 
Kabinett nicht sagen, glaube aber, daß es von dem Vorbehalt 
(nämlich dem oben erwähnten, von Beust eingereichten) Gebrauch 
machen wird.“
	        
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