— 175 —
veröffentlicht worden war. Am 17. Okt. versuchte der preußische
Bevollmächtigte von Bodelschwingh die Rechtsverbindlichkeit des
Vorbehaltes abzuleugnen, da er keinen Zeitpunkt angebe, an wel-
chem das Recht des Einspruches gegen die Neugestaltung von
seiten Sachsens geltend zu machen sei. Dies entsprach der Wahr-
heit nicht, da, wie aus dem oben gegebenen Auszuge ersichtlich,
darin ausdrücklich die Einberufung eines Reichstags vor der all-
gemeinen Annahme der Verfassung als Grund zum Einspruch an-
gegeben war.
Nun kam, was kommen mußte. Als am 19. Okt. nach einem
unter Vorsitz des Königs Friedrich Wilhelm abgehaltenen Minister-
rate der preußische Bevollmächtigte neben den wegen des Feh-
lens verschiedener deutscher Staaten nun notwendig gewordenen
Anderungen in der Verfassung doch auch die Festsetzung des
Wahltages für den zukünftigen Reichstag beantragte und der
Wahltag dementsprechend auf den 15. Jan. 1850 festgelegt wurde,
erklärten die Vertreter Sachsens und Hannovers, nicht weiter
an der Diskussion teilnehmen zu können, und am 20. Okt., daß
sie für die Zeit, daß sich der Verwaltungsrat mit dieser Angelegen-
heit beschäftigen würde, von Berlin bis auf weiteres wegbleiben
würden. Damit trat jedoch Sachsen noch nicht definitiv vom Bünd-
nisse des 26. Mai zurück, wie denn auch die sächsischen Mitglieder
des provisorischen Bundesschiedsgerichts zu Erfurt nicht abberufen
wurden. Aber im Herzen war die sächsische Regierung doch schon
auf demselben Standpunkte angelangt, wie die hannoversche. Die
Thronrede bei der Eröffnung der Kammern am 26. Nov. versprach
zwar, das Panier der deutschen Einheit, wenn es auch entweiht
sei, nicht sinken zu lassen; er werde aber seine Aufgabe erst dann
als gelöst betrachten, wenn ihm dafür Bürgschaft gegeben sei,
daß das Recht unverletzt bleibe, daß das deutsche Vaterland einig
und stark, nicht zerrissen und geschwächt aus seiner Neugestaltung
hervorgehe. Es kam also auch hier wieder der schon von An-
beginn an ausgesprochene Gedanke zum Ausdruck: nur ein völlig
geeintes Deutschland darf das Endziel sein, wobei man wohl auch
voraussetzen kann, daß seit der Pillnitzer Zusammenkunft an den
Ausschluß Osterreichs nicht mehr gedacht wurde.