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bis in die neueste Zeit Sachsen allein zur Last gelegt, ohne sich
dabei zu sagen, daß Bayern und Hannover von den nämlichen
Absichten geleitet wurden. Der eigentliche Grund des gescheiter-
ten Unionsplanes ist aber in letzter Linie nicht sowohl in Sachsen
oder Hannover oder in Bayern zu suchen, sondern in Preußen
selbst, oder richtiger in dem Charakter Friedrich Wilhelms IV.
In einer am 6. Sept. 1849 im Abgeordnetenhause gehaltenen
Rede sagte der damalige Abgeordnete von Bismarck-Schönhausen
mit Beziehung auf eine vorangegangene Erwähnung Friedrichs
des Großen, der in seiner Art vielleicht die deutsche Frage ge-
ordnet haben würde u. a.: „Oder es hätte ihm freigestanden,
mit demselben Rechte, mit dem er Schlesien eroberte, nach Ab-
lehnung der deutschen Kaiserkrone den Deutschen zu befehlen,
welches ihre Verfassung sein sollte, auf die Gefahr hin, das
Schwert in die Wagschale zu werfen. Das wäre eine nationale
preußische Politik gewesen.“ Friedrich Wilhelm IV. hat aber in
jenen Tagen selbst erklärt, er sei kein Friedrich der Große! Diese
Beobachtung hat er nicht allein an sich gemacht; auch andere
sind sich darüber klar gewesen und haben sich die Frage vor-
gelegt, ob dieser haltlose, von einem Prinzipe zum anderen
schwankende und unberechenbare Monarch das richtige Oberhaupt
des deutschen Reiches sei. Kann man insbesondere in seiner
Stellungnahme zur Kaiser= und Einheitsfrage irgend welche Konse-
quenz entdecken? War es nicht eine die Zuschauer allerdings ver-
blüffende Illustration dieser königlichen Unklarheit, wenn Rado-
witz und die anderen preußischen Minister auf dem Erfurter
Parlamente die Reichsverfassung anfangs befürworteten, um dann
selbst gegen sie zu stimmen, nachdem sich der König einem von
Mecklenburg-Strelitz ausgehenden Proteste gegen diese selbe Ver-
fassung angeschlossen hatte? Und war etwa das Verhalten Preußens
in der Angelegenheit Schleswig-Holsteins, das auch schon berührt
worden ist, vertrauenerweckend? Außerdem wurde der richtige Zeit-
punkt versäumt: nachdem preußische Waffen die sächsische, badische
und teilweise auch die bayrische Regierung aus den Wirren der
Revolution gerettet hatten, mußte dieses moralische wie tatsäch-