Full text: Illustrierte Geschichte der Sächsischen Lande und ihrer Herrscher. II. Band, 2. Abteilung. Das Albertinische Sachsen von 1815-1904. (4)

— 186 — 
gründet. Gleichzeitig wurde der Belagerungszustand für Dresden 
und Umgegend aufgehoben, ein Beweis, daß die Regierung gerade 
in diesem entscheidenden Momente keine Ruhestörungen erwar- 
tete; durch Verordnungen ebenfalls vom 3. Juni wurde das freie 
Vereins= und Versammlungsrecht eingeschränkt und die Presse, 
namentlich die periodische, unter die Aufsicht der Polizei gestellt. 
Am 4. Juni sagte sich Sachsen auch von dem Bundesschiedsgericht 
los, nachdem schon am 25. Mai eine Erklärung erfolgt war, durch 
die das Bündnis vom 26. Mai 1849 als durch die geänderten 
Zeitverhältnisse erledigt hingestellt wurde. 
ZuW den gegen die Regierung wegen ihrer neuesten Maßregeln 
in Opposition tretenden Elementen zählte auch die Leipziger 
Universität. Ehe noch die offizielle Aufforderung zur Entsendung 
eines Deputierten zur ersten Kammer erfolgte, entschied sich der 
Senat am 20. Juni mit 20 gegen 16 Stimmen für Nichtbeschickung 
des Landtags, weil dieser in ungesetzlicher Weise berufen sei. 
Daraufhin erteilte Beust als Kultusminister dem Senate eine 
Rüge und eilte selbst nach Leipzig, um auf dem Wege münd- 
licher Verhandlung die Angelegenheit zu ordnen. Das mißlang, 
und nun wurde dem Senat die Wahl eines Abgeordneten auf- 
gegeben mit dem Bemerken, daß die gegen eine Wahl Stimmenden 
als Abstinenten angesehen, also ihre Stimmen als nicht abgegeben 
betrachtet werden würden. Auf diese Weise kam die Wahl des 
Theologieprofessors Tuch zustande. Nun aber verweigerten der 
Senat und die vier Dekane, demselben die von der ersten Kammer ver- 
langte Vollmacht auszustellen. Darauf wurde von Beust der 
Geh. Kirchenrat von Zobel als außerordentlicher Kommissar nach 
Leipzig geschickt mit der Weisung, Leipzig nicht eher zu ver- 
lassen, bis die Vollmacht vollzogen sei. Er verhängte über 21 
der renitenten Professoren die Suspension von ihrer Mitgliedschaft 
im Senate und erwirkte damit endlich für Prof. Tuch die ge- 
wünschte Vollmacht. Recht bezeichnend waren in diesen beklagens- 
werten Wirren die AÄußerungen der „Freimütigen Sachsenzeitung“, 
die ebenso wie die „Fackel“ zu Beust in einem sehr intimen Verhält- 
nisse stand. Jene schrieb nämlich mit Bezug auf den Protest 
der Professoren vom 20. Juni: „Wird das Ministerium Zschinsky
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.