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gründet. Gleichzeitig wurde der Belagerungszustand für Dresden
und Umgegend aufgehoben, ein Beweis, daß die Regierung gerade
in diesem entscheidenden Momente keine Ruhestörungen erwar-
tete; durch Verordnungen ebenfalls vom 3. Juni wurde das freie
Vereins= und Versammlungsrecht eingeschränkt und die Presse,
namentlich die periodische, unter die Aufsicht der Polizei gestellt.
Am 4. Juni sagte sich Sachsen auch von dem Bundesschiedsgericht
los, nachdem schon am 25. Mai eine Erklärung erfolgt war, durch
die das Bündnis vom 26. Mai 1849 als durch die geänderten
Zeitverhältnisse erledigt hingestellt wurde.
ZuW den gegen die Regierung wegen ihrer neuesten Maßregeln
in Opposition tretenden Elementen zählte auch die Leipziger
Universität. Ehe noch die offizielle Aufforderung zur Entsendung
eines Deputierten zur ersten Kammer erfolgte, entschied sich der
Senat am 20. Juni mit 20 gegen 16 Stimmen für Nichtbeschickung
des Landtags, weil dieser in ungesetzlicher Weise berufen sei.
Daraufhin erteilte Beust als Kultusminister dem Senate eine
Rüge und eilte selbst nach Leipzig, um auf dem Wege münd-
licher Verhandlung die Angelegenheit zu ordnen. Das mißlang,
und nun wurde dem Senat die Wahl eines Abgeordneten auf-
gegeben mit dem Bemerken, daß die gegen eine Wahl Stimmenden
als Abstinenten angesehen, also ihre Stimmen als nicht abgegeben
betrachtet werden würden. Auf diese Weise kam die Wahl des
Theologieprofessors Tuch zustande. Nun aber verweigerten der
Senat und die vier Dekane, demselben die von der ersten Kammer ver-
langte Vollmacht auszustellen. Darauf wurde von Beust der
Geh. Kirchenrat von Zobel als außerordentlicher Kommissar nach
Leipzig geschickt mit der Weisung, Leipzig nicht eher zu ver-
lassen, bis die Vollmacht vollzogen sei. Er verhängte über 21
der renitenten Professoren die Suspension von ihrer Mitgliedschaft
im Senate und erwirkte damit endlich für Prof. Tuch die ge-
wünschte Vollmacht. Recht bezeichnend waren in diesen beklagens-
werten Wirren die AÄußerungen der „Freimütigen Sachsenzeitung“,
die ebenso wie die „Fackel“ zu Beust in einem sehr intimen Verhält-
nisse stand. Jene schrieb nämlich mit Bezug auf den Protest
der Professoren vom 20. Juni: „Wird das Ministerium Zschinsky