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bei Großenhain, mit dem Gros und den Reserven zwischen Meißen,
Dresden und Pirna zum Losschlagen bereit, und zwar in einer
Stärke von 26000 Mann mit 6400 Pferden und 60 Geschützen.
Die Rabenhorstsche Organisation hatte sich bewährt und, was
namentlich in dieser Zeit schwer wog, alle die durch die
Ereignisse der Jahre 1848 und 1849 unsicher gewordenen Reser-
visten waren ohne Schwierigkeiten und ohne Murren in ihren
Garnisonen eingetroffen.
Glücklicherweise kam es nicht zu dem Ernste des Krieges.
Überraschend schnell, vielleicht auch ein wenig durch einen Brief
seines Freundes, des Prinzen Johann von Sachsen, beeinflußt,
gab Friedrich Wilhelm seine kriegerischen Entschlüsse auf, bei
denen er wohl auch mehr durch die größere Energie seines Bru-
ders, des Prinzen Wilhelm, festgehalten worden war. Am 3. Nov.
nahm darum Radowitz seine Entlassung, mit ihm die beiden
anderen Minister, die für die Mobilmachung gewesen waren, und
am gleichen Tage sandte Graf Brandenburg eine in friedlichem
Tone gehaltene Depesche nach Wien, worin von der Einstellung
der preußischen Mobilmachung und den friedlichen Absichten
Preußens und damit der Wunsch ausgesprochen war, daß auch
die gegnerische Seite ihre Rüstungen einstellen möge. Es war
dies das Resultat der vom 26.—28. Okt. von Brandenburg mit
dem Zaren und dem Fürsten Schwarzenberg im Beisein des
österreichischen Kaisers zu Warschau gepflogenen Verhandlungen,
die am 28. Okt. zu der vorläufigen Ubereinkunft geführt hatten,
daß der alte Bund mit Einschluß Österreichs wiederhergestellt,
die Union und die Idee einer Volksvertretung am Bunde auf-
gegeben würde; die hessische Frage war dabei unerörtert geblieben.
Gerade sic aber wurde am selben 3. Nov., der alles friedlich zu
gestalten schien, akut, da sich der „Bundesfeldherr“ Fürst von
Thurn und Taxis weigerte, auf den Vorschlag des preußischen
Generals von der Gröben einzugehen, daß nämlich angesichts
der Friedensdepesche des Grafen Brandenburg nach Wien und
Hessen eine Demarkationslinie gezogen werden sollte; dieser Weige-
rung schloß sich der österreichische Bevollmächtigte in Frankfurt,
Graf Rechberg, an. Daraufhin verfügte König Friedrich Wilhelm