Full text: Illustrierte Geschichte der Sächsischen Lande und ihrer Herrscher. II. Band, 2. Abteilung. Das Albertinische Sachsen von 1815-1904. (4)

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die Wiederaufnahme der Mobilisierung, lediglich um in der hessi— 
schen Frage durchzudrücken; aber demzufolge nahm auch die säch- 
sische Mobilmachung, die infolge der Wendung des 3. Nov. sistiert 
worden war, ihren Fortgang. Es kam hierüber zu erregten 
Auseinandersetzungen zwischen dem preußischen Gesandten in Dres- 
den und Beust. In Hessen aber entwickelte sich am 8. Nov. 
bei Bronnzell, südlich von Fulda, zwischen preußischen und öster- 
reichisch-bayrischen Truppen ein Vorpostengefecht, bei dem ein 
Trompeterschimmel vom 10. preuß. Husarenregiment von einer 
österreichischen Kugel gefällt wurde und damit eine eigenartige Un- 
sterblichkeit erwarb. Weitere Feindseligkeiten unterblieben. Dagegen 
dauerte in Preußen die Mobilisation an, obgleich nun kein Mensch 
mehr wußte zu welchem Zwecke. Aber die zwischen Preußens 
Vertreter von Manteuffel und dem Fürsten Schwarzenberg am 
28. und 29. Nov. vereinbarte sog Olmützer Punktation brachte 
die Dinge zu raschem und friedlichem Abschluß. Preußen fügte 
sich allen Forderungen Osterreichs bezüglich der Wiederherstellung 
der alten Bundesverhältnisse, überließ die Ordnung der schleswig- 
holsteinischen Angelegenheit einem Kongreß, und die Hessen wurden 
angehalten, sich dem väterlichen Regimente ihres Kurfürsten unter- 
zuordnen. 
Zweifellos war dieser Tag von Olmütz eine schwere moralische 
Niederlage der preußischen Politik. Über dem Schmerze der 
Demütigung und Enttäuschung haben aber damals viele patriotisch 
gesinnte Männer übersehen, was damals schon der Haß einiger 
wohlunterrichteter Gegner Preußens, nachmals die mit weiterem 
Material versehene Geschichtsforschung erkannt hat, daß der Ol- 
mützer Tag für Preußen ein Tag der Rettung war, weil es kaum 
imstande gewesen wäre, den Kampf mit Österreich und dem aller- 
dings nur dem Anscheine nach hinter ihm stehenden Rußland auf- 
zunehmen. Hierbei ist es belehrend, die Stimmung kennen zu lernen, 
die man in den leitenden sächsischen Kreisen in jener Zeit empfand. 
Rückblickend auf die Oktobertage des Jahres 1850, wo die Dinge 
auf die Spitze des Schwertes gestellt schienen, schreibt König 
Johann von Sachsen in seinen Erinnerungen: „Die bedenkliche 
Lage war für mich ein wahrer Gegenstand des Kummers. Der
	        
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