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die Wiederaufnahme der Mobilisierung, lediglich um in der hessi—
schen Frage durchzudrücken; aber demzufolge nahm auch die säch-
sische Mobilmachung, die infolge der Wendung des 3. Nov. sistiert
worden war, ihren Fortgang. Es kam hierüber zu erregten
Auseinandersetzungen zwischen dem preußischen Gesandten in Dres-
den und Beust. In Hessen aber entwickelte sich am 8. Nov.
bei Bronnzell, südlich von Fulda, zwischen preußischen und öster-
reichisch-bayrischen Truppen ein Vorpostengefecht, bei dem ein
Trompeterschimmel vom 10. preuß. Husarenregiment von einer
österreichischen Kugel gefällt wurde und damit eine eigenartige Un-
sterblichkeit erwarb. Weitere Feindseligkeiten unterblieben. Dagegen
dauerte in Preußen die Mobilisation an, obgleich nun kein Mensch
mehr wußte zu welchem Zwecke. Aber die zwischen Preußens
Vertreter von Manteuffel und dem Fürsten Schwarzenberg am
28. und 29. Nov. vereinbarte sog Olmützer Punktation brachte
die Dinge zu raschem und friedlichem Abschluß. Preußen fügte
sich allen Forderungen Osterreichs bezüglich der Wiederherstellung
der alten Bundesverhältnisse, überließ die Ordnung der schleswig-
holsteinischen Angelegenheit einem Kongreß, und die Hessen wurden
angehalten, sich dem väterlichen Regimente ihres Kurfürsten unter-
zuordnen.
Zweifellos war dieser Tag von Olmütz eine schwere moralische
Niederlage der preußischen Politik. Über dem Schmerze der
Demütigung und Enttäuschung haben aber damals viele patriotisch
gesinnte Männer übersehen, was damals schon der Haß einiger
wohlunterrichteter Gegner Preußens, nachmals die mit weiterem
Material versehene Geschichtsforschung erkannt hat, daß der Ol-
mützer Tag für Preußen ein Tag der Rettung war, weil es kaum
imstande gewesen wäre, den Kampf mit Österreich und dem aller-
dings nur dem Anscheine nach hinter ihm stehenden Rußland auf-
zunehmen. Hierbei ist es belehrend, die Stimmung kennen zu lernen,
die man in den leitenden sächsischen Kreisen in jener Zeit empfand.
Rückblickend auf die Oktobertage des Jahres 1850, wo die Dinge
auf die Spitze des Schwertes gestellt schienen, schreibt König
Johann von Sachsen in seinen Erinnerungen: „Die bedenkliche
Lage war für mich ein wahrer Gegenstand des Kummers. Der