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Gedanke eines Bruderkrieges unter Teutschen schien mir unerträg-
lich, wozu bei mir noch das freundschaftliche Verhältnis mit König
Friedrich Wilhelm IV. kam. Es drängte mich, wenigstens einmal
mich offen gegen ihn auszusprechen und ihm meine Meinung
zu schreiben.“ Dabei verfiel der damalige Prinz, dessen ganze
Richtung eine streng religiöse war, in seiner Bibelkenntnis auf
die Situation, in der die Königin Esther Gott bittet, ihrem Worte
bei dem König Ahasveros Gehör zu verschaffen, der im Be-
griffe steht, alle Juden umzubringen. „Man muß gestehen,“
fährt der Prinz fort, „daß kaum eine passendere Stelle für meine
Lage aufgefunden werden konnte. Ich machte mich sogleich ans
Werk, suchte alle Gründe hervor, die dafür sprachen, den bis-
herigen Weg zu verlassen, und beschwor ihn mit den herzlichsten
und wohlmeinendsten Worten. Der Brief ging unter Genehmigung
meines Bruders ab. Ob er etwas zu dem folgenden Ausgang ge-
wirkt hat, wage ich nicht zu entscheiden. So viel ist aber gewiß,
daß einige Zeit darauf die Entlassung Radowitz' aus dem Mini-
sterium erfolgte und später die Entsendung Manteuffels nach
Olmütz stattfand.“ — Gegenüber dieser alttestamentlichen Schlicht-
heit des Empfindens, die zugleich eine gewisse Weltentrücktheit
verrät, hören sich die Außerungen Beusts und seiner Freunde
weniger harmlos an. Graf Vitzthum von Eckstädt (Karl Friedrich),
damals sächsischer Gesandter in Wien und Vertrauter des Kaisers
Franz Josef, mit dem er am 24. Okt. zu der erwähnten Zu-
sammenkunft nach Warschau fuhr, schrieb damals: „Man fürchtet
hier (in Wien), Preußen werde in der letzten Stunde klein bei-
geben und die moralische Niederlage der militärischen vorziehen.
Als Beweis, wie gewaltig Osterreich die Zähne zeigt, führe ich
nur an, daß die erste Armee nicht weniger als 600 bespannte
Geschütze mit sich führt. Die Börse ist alarmiert, das Silberagio
gestiegen, alles in Bewegung und Clam des besten Humors. Jetzt
gilt's, jedes Schwanken wäre der Tod! — — Va banquel ruft
heute Felix Schwarzenberg. Der Einsatz ist hoch und seinen Geg-
nern dürfte der Atem bald ausgehen.“
Dieser jubelnden Siegesfreude gegenüber steht der Schmerz
seines Herrn und Meisters Beust nach der Verständigung von