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Fortschritte. Eine im Zusammenhang mit der obschwebenden Frage
stehende Sendung Bismarcks nach Wien und Pest, die ihn vom
7. Juni bis 9. Juli von Frankfurt fernhielt, brachte keine Ände-
rung der Lage; aber seine Berichte an Manteuffel in dieser Zeit
gingen immer wieder von dem Gedanken aus, daß Preußen keinen
Schritt zurückweichen dürfe. Dem entsprach es, daß Preußen die
Berliner Verhandlungen plötzlich abbrach, als am 20. Juli die in
Kissingen versammelten Darmstädter nochmals eine im wesentlichen
ihren früheren Standpunkt wiedergebende Erklärung mit ziem-
licher Schroffheit veröffentlichten. Preußen vertagte die Kon-
ferenzen bis zum 16. Aug. und erklärte bestimmt, daß es die
Verhandlungen nur mit denjenigen Regierungen wieder aufnehmen
werde, welche dem hannöverschen Vertrage unbedingt beiträten
und mit Preußen darüber einverstanden seien, daß die Verhand-
lungen über einen Handelsvertrag mit Osterreich nicht eher be-
ginnen sollten, als bis der Zollverein wieder auf zwölf Jahre
definitiv abgeschlossen sei; es verlangte Preußen eine darauf be-
zügliche Erklärung der Zollvereinsteilnehmer vor dem 16. Aug.
1852.
Der berechtigten Energie Preußens gegenüber begann die
Haltung der Darmstädter etwas unsicher zu werden. Wenig-
stens sandte Beust am 26. Juli an Osterreich und die verbündeten
Regierungen ein Schriftstück, das den preußischen Forderungen
entgegenkam. Es wurde darin ausgesprochen, daß man am 16. Aug.
wohl die Verhandlungen wieder aufnehmen könne, nur müßten
gleichzeitig Verhandlungen über einen Handelsvertrag mit Oster-
reich auf Grund des oben erwähnten Vertrages A geführt wer-
den, so daß dann gleichzeitig mit der Erneuerung des Zollvereins
auf zwölf Jahre der Abschluß eines Handelsvertrags mit Oster-
reich erfolge. Über die mit OÖsterreich anzustrebende Zolleinigung
auf Grundlage des Vertrages B sollten dann erst am 1. Jan.
1859 besondere Konferenzen zusammentreten. Das war aber
keineswegs die Meinung der österreichischen Regierung, die jetzt
die Zeit gekommen erachtete, den Zollverein zu sprengen. Hatten
ja die Verbindungen Österreichs mit den preußenfeindlichen Ele-
menten am hannöverschen Hofe schon dahin gewirkt, daß Georg V.