— 221 —
Napoleon, sich die Krone seines Oheims aufs Haupt zu setzen.
Die Wiener Verträge von 1815 schlossen die Dynastie Napoleons
völlig vom französischen Throne aus. Aber eine der letzten
Depeschen Schwarzenbergs an Nikolaus empfahl die volle, aller-
dings an gewisse Bedingungen geknüpfte Anerkennung des Na-
poleoniden. Dasselbe empfahl Beust nach seinen Aufzeichnungen,
als der Zar im Mittsommer 1852 in Dresden weilte, ohne Bei-
fall zu erhalten, während dann Buol-Schaunstein wieder in das
legitimistische Fahrwasser einlenkte. Es lag also dem Zaren daran,
in Deutschland einen festen Halt gegen Frankreich zu haben, und
darum an der Herstellung des Zollfriedens. Durch ihn veranlaßt
bot Kaiser Franz Joseph König Friedrich Wilhelm IV. die Hand
zur Versöhnung und kündigte seinen Besuch in Berlin an, der
am 17. Dez. 1852 auch ausgeführt wurde. Am 2. Dez. hatte
sich Napoleon zum dritten Kaiser dieses Namens proklamiert.
Nun kamen die Dinge rasch in Fluß. Schon am 7. Dez.
war österreichischerseits Baron Bruck erschienen, um die Verhand-
lungen über einen neuen Handelsvertrag zu beginnen. Preußen
hatte Grund, sich entgegenkommend zu zeigen, denn bei der längeren
Andauer des Zwistes im Zollverein und der Abneigung der han-
növerschen Ritterschaft sowohl gegen Preußen als den Zollverein
weigerte sich König Georg, die Bedingungen des September-
vertrags von 1851 zu erfüllen. So ging Preußen nicht nur
auf Verminderung mehrerer Zollsätze für österreichische Waren
ein, sondern stellte auch, da Bruck natürlich auf Zolleinigung
drang, wenigstens eine solche sechs Jahre nach Abschluß des
Handelsvertrags, also für 1859 in Aussicht; überdies gewährten
sich beide Staaten das Recht der Meistbegünstigung. Auf solchen
Grundlagen wurde der Handelsvertrag mit Osterreich am 19. Febr.
unterzeichnet. Nun waren alsbald auch die Darmstädter bei der
Hand, die mit ebenso großem Schrecken das Herannahen des
31. Dez. 1853 bemerkten, ohne noch ein wirtschaftliches Unter-
kommen gefunden zu haben, als ihr Mißvergnügen groß war, daß
im entscheidenden Momente die beiden Großstaaten über ihre Köpfe
weg verhandelt hatten, was namentlich von Osterreich schmerzen
mußte. Die Schwierigkeiten einer Erneuerung des Zollvereins