Full text: Illustrierte Geschichte der Sächsischen Lande und ihrer Herrscher. II. Band, 2. Abteilung. Das Albertinische Sachsen von 1815-1904. (4)

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Kaiser, der damals mit seiner jungen Gemahlin Elisabeth von 
Bayern in Prag weilte, den König von Preußen in einem herz- 
lichen Schreiben zu einer Zusammenkunft nach Tetschen ein, wohin 
auch die beiden leitenden Minister, Manteuffel und Buol nach 
erfolgter Annahme der Einladung beschieden wurden. Aber auch 
König Friedrich August sollte nach dem Wunsche des Kaisers 
an dieser Zusammenkunft teilnehmen, und so begab er sich, 
von seinem Neffen, dem Prinzen Albert, begleitet, am 8. Juni. 
nach Tetschen. Hier überreichte er dem Kaiser ein ausführliches 
Memeoire, das in seinen Ansichten freilich sehr von den damaligen 
Plänen Osterreichs abstach. Er stimmte darin mit seinem preußi- 
schen Schwager namentlich in der christlichen Auffassung der Lage 
überein: man dürfe dem Sultan keine unbeschränkten Souveräni- 
tätsrechte über seine christlichen Untertanen einräumen, sondern 
die christlichen Mächte müßten zur Festsetzung eines Interventions- 
rechtes in den inneren Angelegenheiten des osmanischen Reiches 
gelangen, das den Herrscherbefugnissen des Sultans weit engere 
Grenzen ziehen würde, als dies jemals von Rußland geschehen sei. 
Ferner fürchtete er bei einer weiteren Annäherung an die West- 
mächte, daß dadurch die Macht Frankreichs vermehrt und vor- 
nehmlich die Stellung Napoleons gestärkt werde, in dem er die 
Verkörperung der Revolution sah, während gerade gegenüber den 
revolutionären Gewalten die alte Verbindung ÖOsterreichs und 
Preußens mit Rußland der einzige Hort sei. Hierin stimmte 
König Friedrich Wilhelm IV. mit ihm überein, während Kaiser 
Franz Josef seinen Unmut über die Haltung der Mittelstaaten 
zu äußern nicht verfehlte. Doch gab der preußische König immer- 
hin seine Zustimmung zu der Sendung des Obersten von Man- 
teuffel an den Zaren Nikolaus, der nochmals die Annahme der 
österreichischen Forderungen beim Zaren befürworten sollte. Zwar 
lehnte der Zar die Annahme der vereinigten österreichisch-preußi- 
schen Note ab, zog aber doch „aus strategischen Gründen“ seine 
Truppen aus den Donaufürstentümern zurück, die dann von den 
Osterreichern besetzt wurden. — — 
König Friedrich August fühlte sich schon seit längerer Zeit 
nicht ganz wohl. Er hatte im Sommer 1853 seine Nichte
	        
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