Full text: Illustrierte Geschichte der Sächsischen Lande und ihrer Herrscher. II. Band, 2. Abteilung. Das Albertinische Sachsen von 1815-1904. (4)

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und Leipzig nach Dresden erfolgte. Die Königin, die in Possen- 
hofen zurückgeblieben war und dort die erschütternde Nachricht 
erhalten hatte, war von dort am 13. Aug. nach Dresden zurück- 
gekehrt. Die Leiche des Königs langte am 15. Aug. in den 
Abendstunden in der Hauptstadt an. Unter Fackelschein wurde 
sie unter Vorantritt des nunmehrigen Königs Johann und seiner 
Söhne von einer unübersehbaren Menge nach der katholischen 
Kirche geleitet. Nachdem am folgenden Tage viele Tausende von 
Männern und Frauen aus allen Ständen an dem Katafalk mit 
inniger Trauer im Herzen vorübergezogen waren, fand am Abend 
des 16. Aug. die Beisetzung in der katholischen Hofkirche statt. 
Die Sektion hatte ergeben, daß der König — und darauf deu- 
teten offenbar die erwähnten trüben Stimmungen der letzten 
Jahre hin — den Ansatz zu einem unheilbaren Gehirnleiden 
hatte, so daß das jähe Ende, so erschütternd und beklagenswert 
es sonst sein mochte, als ein Trost und eine gnädige Fügung 
angesehen werden durfte. 
In König Friedrich August verlor das sächsische Volk einen 
seiner besten Herrscher, der in seinem edlen Innern viele Re- 
gententugenden vereinigte. In seiner 18jährigen Regierungszeit, 
der ja sechs Jahre der Mitregentschaft vorausgegangen waren, 
war Sachsen mächtig emporgeblüht und hatte in wirtschaftlicher 
und kultureller Hinsicht sich von keinem anderen Staate über- 
flügeln lassen. Dazu hatte das verständnisvolle Wirken des Königs 
nach besten Kräften beigetragen. Und überdies muß unvergessen 
bleiben, mit wieviel Takt er mit Hilfe der von ihm mitgeschaffenen 
Verfassung sein Land aus einem mittelalterlichen Feudalstaate 
zu einem modernen Staate umgestaltete und dessen Anforderungen 
oft im Widerstreite mit der Interessenvertretung des Adels ge- 
recht zu werden suchte. Es war ihm fernerhin Herzensbedürfnis, 
mit seinem Volke in innigster persönlicher Berührung zu bleiben. 
Vom Tage seiner Thronbesteigung an bis zum Jahre 1849 pflegte 
er in jedem Monat zweimal öffentlichen Empfang abzuhalten, 
wobei ihm jedermann ohne Unterschied des Ranges und Berufes 
sein Anliegen vortragen konnte; es ist dabei vorgekommen, daß 
an ein und demselben Tage 70 Bittsteller und mehr sich dem
	        
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