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als die Hoffnung einer allgemeinen deutschen Prozeßordnung ge-
schwunden war, wurden am 9. Jan. 1865 wenigstens provisorisch
die nötigsten Vorschriften aus der Prozeßordnung veröffentlicht,
das Bürgerliche Gesetzbuch selbst aber trat mit dem 1. März
1865 in Kraft und ist in segensreicher Wirkung bis zur Ein-
führung des allgemeinen deutschen Bürgerlichen Gesetzbuches im
Jahre 1900 geblieben.
Im Anschluß an diese inneren Verhältnisse mag noch erwähnt
sein, daß Beust in seiner Eigenschaft als Minister des Innern
zugleich Polizeiminister war, als solcher die Verwaltung der haupt-
städtischen Polizei auf den Staat übernahm, eine Maßregel, über
deren Zweckmäßigkeit trotz der damals geäußerten Opposition
schwerlich gestritten werden kann. Beust erinnerte sich hierbei, daß
der derzeitige Polizeidirektor, der lange Jahre im Dienste war,
sich so wohl von den Zuständen unterrichtet gezeigt hatte, daß
er ihm noch zwei Tage vor dem Ausbruche des Maiaufstandes
versichert hatte, es werde in Dresden zu nichts kommen. An
seine Stelle trat der bisherige Polizeirat Schwauß, der diese Stellung
in langjähriger Dienstzeit vollkommen ausfüllte. Ein anderes
Urteil darf man über das damals von Beust zur Verteilung ge-
brachte „Schwarze Buch“ fällen. Ein Mitglied der Polizeidirektion,
so erzählt Beust selbst den Hergang, das sein Genie verkannt
glaubte, habe das gegen ihn bestehende Vorurteil durch Abfassung
einer übersichtlichen alphabetischen Aufzählung aller politisch gra-
vierten Persönlichkeiten Lügen strafen wollen. Er habe nun davon
gleich einige hundert Exemplare drucken lassen, die ihm auf
dem Hals geblieben wären, wenn sie ihm Beust nicht freundlicher-
weise abgenommen und nach dem Satze superflua non nocent
an verschiedene Polizeiorgane hätte verschicken lassen; irgend eine
Weisung von Invigilierung sei nicht damit verbunden gewesen,
und in der Tat sei auch niemandem, als dem Anutor selbst, daraus
Schaden erwachsen. Eines weiteren Kommentars bedarf diese Dar-
stellung nicht. — —
Die Regierung des Königs Johann übernahm als Erbschaft
auch den Anteil Sachsens an der orientalischen Frage. In seiner
Eröffnungsrede des Landtages äußerte sich der König am 10. Okt.