Full text: Illustrierte Geschichte der Sächsischen Lande und ihrer Herrscher. II. Band, 2. Abteilung. Das Albertinische Sachsen von 1815-1904. (4)

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nach Osterreich hin nicht zum völligen Zerreißen kommen zu 
lassen. 
Im allgemeinen war Beust damals durchaus mit der ab- 
lehnenden Haltung Preußens einverstanden. Im Kreise der könig- 
lichen Familie hatte man die Überzeugung, seit der nunmehrige 
Kronprinz Albert seinem kaiserlichen Freunde in Ischl die Thron- 
besteigung seines Vaters mitgeteilt hatte, daß die persönliche Hal- 
tung Kaiser Franz Josefs eine friedliche sei, was sicherlich nicht 
den tatsächlichen Verhältnissen entsprach. Noch Ende Oktober 
glaubte König Johann an eine solidarische Vereinigung Mittel- 
europas gegenüber den feindlichen Parteien des Ostens und des 
Westens und schrieb den Gedanken nieder: „Dem einträchtigen 
Teutschland, Osterreich an der Spitze, wird eine schöne und ruhm- 
volle Rolle gesichert, wenn es eine solche vermittelnde Stellung 
nach beiden Seiten hin konsequent durchführt, wozu wir alle dann 
gewiß freudig die Hand bieten werden.“ 
Aber Osterreich war ja schon längst aus der vermittelnden 
Rolle herausgetreten; es hatte nach Abzug der Russen seiner- 
seits die Donaufürstentümer besetzt, es hatte nach der für die 
Russen unglücklichen Schlacht an der Alma auf der Halbinsel 
Krim am 20. Sept. dem Kaiser Napoleon III. auf das herzlichste 
zu diesem Erfolge seiner Truppen gratuliert, und schließlich voll- 
zog es am 2. Dez. 1854 formell den Anschluß an das Bündnis 
der Westmächte. Nachdem sowohl diese als Osterreich ihre Auf- 
forderung an Preußen zum Beitritt am 5. Jan. zurückgewiesen 
sahen, versuchte Osterreich sein Heil trotz der mannigfachen 
Enttäuschungen des Vorjahres nochmals beim Bunde. In 
einem Rundschreiben vom 14. Jan. an die deutschen Regierungen, 
teilte Graf Buol mit, daß trotz der abweichenden Anschauungen 
Preußens der Vorsitzende am Bundestag von Prokesch den Be- 
fehl erhalten habe, beim Bunde die Mobilisierung der halben 
oder ganzen Bundeskontingente und die Wahl eines Bundes- 
oberfeldherrn zu beantragen. Am nämlichen Tage erging auch 
noch eine vertrauliche Anfrage an die Höfe von Dresden, Mün- 
chen, Stuttgart, Darmstadt usw., ob die dortigen Regierungen 
gewillt seien, ihre Truppen dem österreichischen Kaiser allein zur
	        
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