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berührte. Als die königliche Familie am 13. Juli nach Pillnitz
zurückkehrte, fand sie das preußische Königspaar vor, das wenige
Stunden vorher von Wien eingetroffen war, nachdem König Fried-
rich Wilhelm IV. eine Kur in Marienbad durchgemacht hatte.
König Friedrich Wilhelm gedachte einige Tage der Ruhe bei seinem
Schwager zu verleben. Aber am Morgen des 14. Juli erlitt er
einen ersten Schlaganfall, der ihm für einige Zeit den Gebrauch
der Sprache raubte; doch erholte er sich so weit, daß er scheinbar
wiederhergestellt, am 17. Juli Pillnitz verlassen konnte. Am
8. Sept. sah König Johann seinen Schwager wieder als dessen
Gast bei der Einweihung der Kapelle auf dem Petersberge
bei Halle, die König Friedrich Wilhelm auf den Trümmern des
von den wettinischen Vorfahren König Johanns begründeten
Klosters über der letzten Ruhestätte Konrads des Großen und
seiner Familie hatte errichten lassen. Auch hier aber zeigten sich
während der Rede des Königs die Folgen des Schlagflusses,
die schon wenige Wochen später die Einsetzung einer stellvertreten-
den Regierung notwendig machten.
Unmittelbar nach dem Besuche des preußischen Königs be-
gannen die großen Ubungen der sächsischen Armee in der Nähe
von Dresden. Sie hatten ein doppeltes Interesse, erstens weil
sie bislang noch niemals in solcher Stärke sich abgespielt hatten
und zweitens, weil zum ersten Male Kronprinz Albert eine größere
Truppenführung übernahm. Die Gesamtheit der Streitkräfte um-
faßte 20 Bataillone zu je 600 Mann, ebensoviel Schwadronen,
8 Batterien mit 32 Geschützen, 1 Pionier= und Pontonierabteilung
mit dem Brückentrain und 2 Sanitätsdetachements. Eine große
Anzahl fremder Fürstlichkeiten, der Kurfürst von Hessen, der
Großherzog von Sachsen, die Herzöge von Nassau und Alten-
burg, Prinz Albrecht von Preußen, der Erbprinz von Meiningen
usw. wohnten dem militärischen Schauspiele bei. Auch der Prinz
von Preußen hatte zugegen sein wollen, war aber vom Bruder
in diplomatischer Mission nach Süddeutschland geschickt worden,
um den Kaiser Napoleon III. an der deutschen Grenze zu be-
grüßen, der in Stuttgart mit dem Zaren zusammentreffen wollte.
Dagegen fand sich auf der Durchreise nach Weimar, ebenfalls um