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1857 mit ihren Vorarbeiten zu Ende gediehen war. Die Er-
öffnung des Staatsrates verzögerte sich bis zum 22. Nov. 1858,
an welchem Tage sie unter dem Vorsitze des Kronprinzen in dem
Palais am Taschenberge erfolgte. Es nahmen an dieser Sitzung
teil die ehemaligen Staatsminister von Könneritz, von Wieters-
heim und Georgi, der Geh. Rat und Ministerialdirektor Kohl=
schütter, der Oberberghauptmann Konstantin von Beust und der
Landesälteste der Lausitz, von Thielau; diese hatten die vor-
erwähnte Kommission gebildet und in 18 Sitzungen unter dem
Präsidium des Kronprinzen den vorliegenden Entwurf durch die
Feder des in allen inneren Dingen hocherfahrenen Geh. Rates
Weinlig fertiggestellt. Es traten nun noch hinzu der Prinz Georg
und die derzeitig aktiven Staatsminister Freiherr von Beust, von
Rabenhorst, von Falkenstein, von Behr, der einstweilen auch das
durch den Tod des Justizminister von Zschinsky") am 28. Okt.
1858 erledigte Ressort der Justiz vertrat, der verdiente ehemalige
Minister von Zeschau und eine Anzahl anderer bedeutender Män-
ner. Die Begrüßungsrede des Kronprinzen betonte in liebens-
würdig bescheidener Weise die Unerfahrenheit des Sprechers und
bat um freundliche Nachsicht. Und in der Tat mag es mitunter
nicht ganz leicht gewesen sein, bei so vielen Mitgliedern, deren
Ansichten von absoluter Gewerbefreiheit bis zur strengen Aufrecht-
erhaltung des Innungswesens divergierten, das Schifflein der
Verhandlungen im richtigen Kurs zu erhalten. Im ganzen wurden
sechs Plenarsitzungen gehalten, deren Ergebnis den alten Boden
noch nicht verließ. War man nun schon im Staatsrate selbst über
den Wert des erreichten Ergebnisses recht geteilter Meinung ge-
wesen, so veranlaßte die von außerhalb aus Fachkreisen sich gegen
den neuen Entwurf richtende Kritik die Regierung, ihn völlig
zurückzuziehen und einen anderweitigen Entwurf ausarbeiten zu
lassen, der sich nicht wie jener erste, zugleich auch durch politische
Erwägungen leiten ließ, sondern nur die Sache selbst im Auge
hatte und darum auf die Gewerbefreiheit zukam. Dieser Ent-
*) Rabenhorst und Ischinsky wurden im Mai 1856 in Erinnerung an ihre
vor 7 Jahren geleisteten Dienste während des Maiaufstandes, Behr 1858 in den
Adelsstand erhoben.