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ihm am 6. Juli zugegangenen Vermittlungsnote Rußlands, die
zugleich im Namen Englands und Preußens ihm einen bequemen
und ehrenvollen Rückzug gestattete. Für Kaiser Franz Josef aber
war neben den Rücksichten auf die bisherigen Niederlagen und
den Einwirkungen der selbsterlebten Schrecknisse nach der Schlacht
von Solferino vor allem der Wunsch ausschlaggebend, um keinen
Preis Preußen in den deutschen Verhältnissen die angesprochene
Führung einzuräumen. Die Stellung Sachsens am Bunde war
in der kurzen Zwischenzeit eine vermittelnde gewesen, indem
der Bundestagsgesandte von Nostitz-Jänkendorf den Auftrag er—
hielt, für eine Verschmelzung des österreichischen und des preußi-
schen Antrags zu stimmen, freilich wohl eine sehr schwer erfüll-
bare Aufgabe. Der Vertrag von Villafranca, wo am 11. Juli die
Verhandlungen zwischen Napoleon und Franz Josef begannen,
ließen die weitere Betreibung der Kriegsfrage für den Deutschen
Bund als überflüssig erscheinen. So erledigte sich auch die Stel-
lung und Aufgabe, die dem Kronprinzen Albert zuteil geworden
war. Man konnte sich freilich an den Höfen der Mittelstaaten
des peinlichen Gefühles nicht entschlagen, daß aller Aufwand an
Geld und Begeisterung nutzlos gewesen waren. Man schob das
naturgemäß auf Preußens Verhalten. Aber man vergaß dabei,
daß dessen Stellung ganz korrekterweise von vornherein nur die
etwaige Verletzung des deutschen Bundesgebietes als Grund zur
Mobilmachung der deutschen Bundeskontingente angesehen hatte,
wie dies das oben mitgeteilte Schreiben des Prinzregenten Wil-
helm an den König Johann zum Ausdruck brachte. Was ging
den deutschen Bund die Gefährdung des österreichischen Besitz-
standes in Italien an? Ganz recht urteilte man in England,
wenn Lord Malmesbury und Lord Derby an Beust am 3. Mai
gelegentlich der ihm bewilligten Zusammenkunft die Frage rich-
teten, was denn Frankreich getan habe, um Deutschland zu be-
drohen? Anfänglich war übrigens gerade auch Beusts Anschauung
angesichts der erwähnten Note Buols vom 11. April an mehrere
der deutschen Kabinette eine andere gewesen. Er schrieb damals
in einem vertraulichen Erlaß vom 13. April an den sächsischen
Gesandten von Könneritz in Wien: „Ich bin gewiß kein Schwär-