Full text: Illustrierte Geschichte der Sächsischen Lande und ihrer Herrscher. II. Band, 2. Abteilung. Das Albertinische Sachsen von 1815-1904. (4)

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„ideale“ Auffassung nicht teilen könne, worauf Beust seinerseits 
mehr stolz als wahrheitsgemäß erwiderte, daß Preußens Hal- 
tung im Krimkriege nur durch die damalige Haltung der Mittel- 
staaten ermöglicht worden sei. Die Würzburger Beschlüsse er- 
regten aber außer den militärischen auch sehr wichtige politische 
Bedenken: die Durchführung einer reinen Triaspolitik voraus- 
gesetzt, wie würde sich der Fall bei einem Konflikt nach beiden 
Seiten hin gestalten, wie er z. B. dann in der dänischen Frage 
eintrat? War dann nicht die Anlehnung ans Ausland, namentlich 
also an Frankreich, die einzig gegebene Hilfe? In der richtigen 
Erkenntnis dieses Umstandes hatte Bismarck schon immer von 
Frankfurt aus vor den rheinbündlerischen Neigungen der Mittel- 
staatenminister gewarnt. 
Tatsächlich aber war es, namentlich seit der Politik Preußens 
im italienischen Kriege und seit der Begründung des National- 
vereins, viel weniger die Sorge vor der Macht beider Großstaaten, 
sondern allein vor Preußen, dessen Regent am 8. Nov. 1858 bei Über- 
nahme der Regentschaft die verdächtige Außerung getan hatte, 
Preußen müsse moralische Eroberungen machen und die Welt 
müsse wissen, daß Preußen überall das Recht zu schützen bereit 
sei. Letzteres betätigte es in einer in weiten Kreisen Genugtuung 
findenden Art, als es am 24. März 1860 gegen den Beschluß 
des Bundes Einspruch erhob, der dem langen unerquicklichen Ge- 
zänk in Hessen um die vom Kurfürsten gegen alles Recht auf- 
gehobene Verfassung einfach durch Bestätigung dieser Aufhebung 
ein Ende machte; die hierzu nötige Majorität war aber gerade 
durch die vereinigten Voten der Mittelstaaten erzielt worden. 
Die streng loyale Haltung des Prinzregenten erwies sich 
auch in einer jedes Mißtrauen besiegenden Weise in der aus- 
wärtigen Politik gegenüber dem Kaiser Napoleon. Es ist be- 
kannt, daß die italienische Einheitsbewegung weit über die von 
ihm gesteckten Ziele hinausgeflutet war. Die eigentümliche iso- 
lierte Lage, in die durch diesen Gang der Ereignisse der fran- 
zösische Kaiser gekommen war, ließ es ihm wünschenswert er- 
scheinen, zunächst mit seinen nächsten Nachbarn nach Osten Füh- 
lung zu nehmen. Ehe er deshalb im Juni 1860 nach Baden-
	        
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