Full text: Illustrierte Geschichte der Sächsischen Lande und ihrer Herrscher. II. Band, 2. Abteilung. Das Albertinische Sachsen von 1815-1904. (4)

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fahren und damit den wirtschaftlichen Ruin von so vielen Leip- 
ziger Firmen — es kamen im ganzen nicht weniger als zwei- 
undfünfzig in Betracht — wenn irgend möglich, abzuwenden. 
Der zunächst hier in Tätigkeit tretende Finanzminister Behr hatte 
ganz recht, erst die Entscheidung der Gerichte abzuwarten. Aber 
dann beging er den Fehler, die Handlungsweise der Leipziger 
Firmen bei der Zollkonferenz damit zu entschuldigen, daß ja durch 
deren Gebaren der Zollfiskus nicht geschädigt worden sei, was 
namentlich den zahlreichen süddeutschen Gegnern des Kontierungs- 
privilegs eine willkommene Waffe in die Hand lieferte. Friesen, 
seit dem 2. Jan. 1859 sein Nachfolger, fing die Sache klüger 
an. Er ging in seinem Schreiben vom 26. März 1859 von 
dem Gedanken aus, daß es bislang, ehe die Entscheidung der 
zuständigen Gerichte erfolgt sei, zweifelhaft habe sein dürfen, ob 
in dem Verfahren der Leipziger Häuser ein wirkliches Zoll- 
vergehen oder nur eine erlaubte Handelskulanz zu erblicken sei. 
Nun aber, da das gerichtliche Urteil die letztere Auffassung als 
irrtümlich erklärt habe, werde die sächsische Regierung nicht an- 
stehen, gegen alle in dieser Beziehung schuldigen Konteninhaber 
mit unnachsichtlicher Strenge durch Entziehung des Privilegs vor- 
zugehen. Dagegen erwarte die sächsische Regierung von der preußi- 
schen und den übrigen Zollvereinsregierungen, daß sie bei dieser 
bestimmten Erklärung Beruhigung fassen und von weiterem Vor- 
gehen gegen die Einrichtung selbst absehen würden. Das geschah 
denn auch, obwohl man leicht einsieht, daß bei minder gutem 
Willen auf der anderen Seite mit voller Berechtigung auch ein 
ganz anderes Verfahren hätte beliebt werden können. Auch weiter- 
hin zeigte sich die preußische Regierung entgegenkommend. Von 
den genannten 52 Fällen nämlich hatten nur zehn sich dem Urteile der 
unteren Instanz, nämlich der Zoll= und Steuerdirektion, unter- 
worfen. Die 42 übrigen Angeklagten hatten Einspruch beim 
Oberappellationsgericht erhoben, waren aber hier auch nicht besser 
weggekommen Insgesamt beliefen sich die zudiktierten Geldstrafen 
auf 491.093 Taler, für die alle Verurteilten um Gnade nach- 
gesucht hatten; Friesen fand bei seinem Antritte diese Gesuche 
unerledigt vor und wurde nun in Berlin zu ihren Gunsten vor-
	        
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