Full text: Illustrierte Geschichte der Sächsischen Lande und ihrer Herrscher. II. Band, 2. Abteilung. Das Albertinische Sachsen von 1815-1904. (4)

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hervorgetreten. Die Regierung Beusts war von diesen Vor— 
gängen wenig angenehm berührt; er vergleicht den damaligen 
Landtag in seinen Erinnerungen „mit dem parlamentarischen 
Purgatorium von 1849“ und spricht mit sichtlicher Ironie von 
dem Antrage eines schneidigen bäuerlichen Abgeordneten, daß die 
Regierung für Herstellung einer deutschen Zentralgewalt mit Volks- 
vertretung wirken möchte. Gemeint war damit der Abgeordnete 
Riedel, der jenen Antrag am 17. Nov. 1860 stellte. Die zweite 
Kammer trat dem Antrage einstimmig bei und verwies ihn ohne 
weitere Debatte an einen Ausschuß, der sich jedoch mit seinem 
Berichte nicht weniger als vier Monate Zeit nahm. Das gab 
dann Beust zu einer Scherzfrage in der Kammer Veranlassung: 
„Wenn ein Antrag auf Errichtung einer deutschen Zentralgewalt 
vier Monate braucht, um bis zur Verhandlung in die Kammer 
zu gelangen, wie lange braucht dann die Zentralgewalt, um ins 
Leben zu treten?“ 
Die Verhandlungen über den vom Ausschuß fertiggestellten 
Bericht waren am 16. und 17. Mai 1861 Gegenstand der De- 
batten in der zweiten Kammer. Die Bundeskriegsreform war 
um diese Zeit noch keinen Schritt weiter gediehen. Zwar waren 
Verhandlungen zwischen dem österreichischen Feldmarschalleutnant 
Grafen Huyn und dem preußischen Generalstabschef von Moltke 
geführt worden und hatten über einheitlichere Ausrüstung und 
Organisation zu einigen Resultaten geführt; aber in der Frage 
des Oberbefehls war man sich nicht näher gekommen. Der Oster- 
reicher empfahl anfangs eine Teilung des Oberkommandos unter 
die Souveräne von Preußen und Österreich und einen dritten 
Fürsten, der von den Bundesmächten zu erwählen sei. Nach 
Ablehnung des Vorschlags wollte er die Teilung des Oberkom- 
mandos an bestimmte Garantien für Osterreichs Besitzstand in Ober- 
italien knüpfen: mit gleichem Erfolg. Somit zerschlugen sich die 
Verhandlungen nach dreimonatiger Dauer im April. Als das 
bekannt wurde, regte König Maximilian II. von Bayern die 
Vereinigung der beiden süddeutschen Bundeskorps mit dem IX. 
und X. Korps an, wobei der König von Württemberg ihm sekun- 
dierte. Die Antwort König Wilhelms lautete wieder im Sinne
	        
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