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Tarifsätze anzustellen. Auch die Mitglieder der Finanzdeputation
des damals gerade tagenden zehnten ordentlichen Landtags und
sämtliche dem Handels= und Gewerbestande angehörige Deputierte
wurden zu den Beratungen herangezogen. Nachdem so in er-
freulicher Weise eine Einigung zwischen den Vertretern des Handels-
und Gewerbestandes herbeigeführt worden war, konnte am 7. Juni
1861 das Resultat an die preußische Gesandtschaft in Dresden
abgegeben werden. Es enthielt die Anerkennung der zwischen
der preußischen Regierung und den französischen Kommissarien
festgelegten Grundsätze im allgemeinen, hatte dann naturgemäß
einige besondere Wünsche, und setzte die für Sachsen notwendigen
Grenzen der Tarifierung fest. Ahnliche Aufstellungen sind da-
mals von den übrigen Regierungen gemacht worden, und man
hat von nirgends her damals etwas von einem prinzipiellen
Widerspruche erfahren. Man kann also kaum behaupten, daß
die Vollziehung jenes Handelsvertrags ohne Beteiligung der Zoll-
verbündeten geschehen sei. Frankreich zeigte sich natürlich nicht
geneigt, dem Zollverein weitergehende Erleichterungen zu gewähren,
wie sie England gewährt worden waren, erwies sich auch in
vielen einzelnen Punkten so wenig entgegenkommend, daß die
Verhandlungen mehrmals auf dem Punkte waren, abgebrochen
zu werden. Auch hiervon wurden die Zollverbündeten pflicht-
gemäß in Kenntnis gesetzt und um Abgabe ihrer Meinung ge-
beten; für den Fall aber, daß doch nichts aus dem Vertrage würde,
war die Eventualität ins Auge gefaßt, durch Herabsetzung ge-
wisser Tarifsätze dem Zollverein wenigstens das Recht einer meist-
begünstigten Nation zu wahren, wofür dann eine besondere Zoll-
konferenz in Aussicht genommen wurde. Auch hierauf erteilte
die sächsische Regierung den gewünschten Bescheid. Plötzlich aber
lenkte Frankreich ein, ließ einen Teil seiner bis dahin streng
festgehaltenen Forderungen fallen, einen anderen Teil ermäßigte
es erheblich — man wird wohl nicht fehl gehen, wenn man
als Ursache zu dieser Nachgiebigkeit die mittelamerikanische Ver-
wicklung ansieht — und so wurden am 29. März 1862 die ver-
schiedenen Einzelverträge, aus denen das Gesamtwerk bestand,
von den beiderseitigen Kommissarien protokollarisch festgestellt und,