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Außer Sachsen traten damals noch Baden, Oldenburg, Braun-
schweig und die thüringischen Staaten bei, also Staaten, in denen
sich eine reiche Industrie entwickelt hatte. Hannover und Kur-
hessen gaben ausweichende Erklärungen, Bayern, Württemberg,
Großherzogtum Hessen, Nassau und Frankfurt versteckten sich,
nachdem sie doch ebenso wie Sachsen, über 1½ Jahr Zeit zur
Überlegung gehabt hatten, hinter der Notwendigkeit einer ein-
gehenden Prüfung, obgleich auch bei ihnen die industriellen Ver-
hältnisse, wenn schon nicht so lebhaft wie in Sachsen, der Einigung
mit Frankreich und der Erhaltung des Zollvereins das Wort
redeten. Aber hier war vornehmlich die Rücksicht auf Osterreich
maßgebend, wo mit Schmerlings Eintritt ins Ministerium eine
größere Unternehmungslust gegen Preußen Platz gegriffen hatte.
Nachdem die Wiener Regierung schon im September 1861 den
Zollregierungen ihre Bedenken gegen den Zollvertrag mit Frank-
reich ausgesprochen, mit Preußen aber einen erbitterten Schrift-
wechsel darüber geführt hatte, erhob sie unter Bezugnahme auf
den mit Osterreich am 19. Febr. 1853 abgeschlossenen Zollvertrag
am 21. Juni 1862 förmlich Protest gegen den französischen Vertrag;
denn in jenem Vertrage sei eingangs als besondere Absicht „die
allgemeine deutsche Zolleinigung“ anzubahnen, ausgesprochen wor-
den, das sei aber nur dadurch Osterreich gegenüber möglich, wenn
der Zollverein seine Zölle nicht, wie es durch den Vertrag mit
Frankreich geschehe, ermäßige, weil er sich damit immer mehr
von dem österreichischen Zollsysteme entferne. Es hatte aber jener
Vertrag vom Februar 1853 ausdrücklich die Möglichkeit einer
Zollherabsetzung in betreff aller hierher gehörigen österreichischen
Artikel vorgesehen. Da die österreichische Regierung sich mit
ihren Beschwerden auch an die sächsische Regierung gewandt hatte,
so antwortete diese in einer Note vom 27. Mai 1862. Es mag
hierbei darauf aufmerksam gemacht sein, daß Beust in den zehn
Jahren, seitdem er die Anteilnahme Sachsens am Zollverein für
einen Fehler erklärt hatte, in seiner Eigenschaft als Minister des
Innern doch erheblich umgelernt hatte. Die Interessen gerade
Sachsens an der Erhaltung des Zollvereins waren nachgerade
auch ihm aufgegangen, und er gab nun dieser Erkenntnis sogar