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nung betreiben helfen müsse, was er, Beust, auf alle Fälle tun würde,
oder aber sich energisch der Politik der Westmächte anzuschließen
habe, um dadurch eine dauernde Schwächung Rußlands herbei-
zuführen. Das Bedauern über die schwankende Politik Oster-
reichs, die den Kaiserstaat nach zwei Seiten hin verhaßt machen
und ihn isolieren müsse, äußert sich bei ihm so lebhaft, daß man
daraus unschwer seine ungeteilte Sympathie für OÖsterreich und
seinen unverhohlenen Arger über die richtige Politik Preußens
erkennen kann.
Die Mißklänge, die der leidige Kampf um den französischen
Handelsvertrag hervorbrachte, wurden aber zu zweien Malen
durch einen vollen deutschen nationalen Akkord übertönt und
beide Male gingen diese mächtigeren Töne von Leipzig aus. Vom
2.—5. Aug. 1863 fand hier das große allgemeine Turnfest statt.
Mit der ihm eigenen tiefpathetischen Beredsamkeit wandte sich
der in den Anfängen seiner historisch-politischen Laufbahn stehende
Heinrich von Treitschke an die aus allen Gauen Deutschlands
versammelten Turner. Damals waren zahlreiche Turner auch
aus Osterreich erschienen und hatten begeisterte Aufnahme ge-
funden. Auf Einladung des Bürgermeisters Koch war Beust von
Dresden herübergekommen und hielt ebenfalls eine Ansprache an
die deutsche Turnerschaft; darin hieß es, man solle nicht von einem
Manne, der an der Hand der Erfahrung auch die Kehrseite der
Dinge kennen gelernt habe, frische Begeisterung erwarten; „aber
mißtrauen Sie darum nicht seinen Worten, wenn er Sie versichert,
daß die Fürsten Deutschlands und ihre Regierungen den Auf-
schwung, den das allgemeine deutsche Bewußtsein mehr und mehr
gewonnen hat, nicht allein erkennen und begreifen, sondern daß
sie auch aufrichtig sich damit befreunden, und zwar darum,
weil sie in dieser Entwicklung des deutschen Gefühles den besten
Stützpunkt für ihre eigenen Bestrebungen erkennen lernen
Je mehr und je beharrlicher die deutschen Stämme in brüder-
licher Gesinnung sich einander zuneigen, desto eher werden auch
die Fürsten und Staaten Deutschlands sich auf dem gemeinsamen
Wege zusammenfinden, der zu dem vom deutschen Volke so sehn-
lich herbeigewünschten Ziele führt“. Die Rede schloß mit einem
Sturmhoefel, Geschichte der sächsischen Lande. II. 20