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gehe. Demgemäß entschied sich auch der König. Am 6. Aug.
wurde in Dresden, wo man durch den Vorschlag des Fürsten-
tages ebenfalls aufs höchste überrascht worden war, durch eine
Mitteilung des preußischen Gesandten Grafen Rantzau die Stellung
Wilhelms I. zu dem österreichischen Vorschlage bekannt; es mel-
dete hierauf bezüglich am 7. Aug. Beust dem Könige Johann:
„Man ist in Berlin der Meinung, daß es bedenklich sei, Hoff-
nungen zu erwecken, deren Erfüllung nicht gewiß sei; man will
gern auf Verhandlungen über die Bundesreform eingehen, hält
aber freie Ministerkonferenzen für geeigneter und bittet, dies alles
wohl zu erwägen.“
Allein König Johann glaubte es teils den freundschaftlichen
Beziehungen zum Kaiserhause, teils seiner Stellung als Bundes-
fürst schuldig zu sein, auf die Wünsche des Kaisers einzugehen,
und begab sich, von Beust begleitet, am 15. Aug. nach Frankfurt,
wo sich auch alle anderen deutschen Fürsten vollzählig einfanden
bis auf einen, den König von Preußen. Am 16. Aug. hielt
Kaiser Franz Josef seinen Einzug in die alte Krönungsstadt,
umbraust von dem Jubel einer vieltausendköpfigen Menge, um-
flattert von schwarz-rot-goldenen Fahnen, die man seit 1848/49
sorglich verborgen gehalten hatte; schon auf der ganzen Reise
hatte man ihn allenthalben als deutschen Kaiser gefeiert. Am
17. Aug. begannen die Verhandlungen, bei denen der Kaiser
wesentlich von König Johann durch dessen Kenntnis sowohl der
Reichsverfassung als der parlamentarischen Formen unterstützt
wurde. Gleich zu Anfang beantragte Großherzog Friedrich
Franz II. von Mecklenburg-Schwerin, den in Baden--Baden er-
warteten König von Preußen zur Teilnahme an den Verhand-
lungen einzuladen, da man ohne Preußen doch nichts Entscheidendes
fertig bringen könnte. Kaiser Franz Josef stimmte zwar zu,
aber mit dem Vorbehalte, daß auch im Falle der Ablehnung
durch den preußischen König das Reformwerk von den übrigen
Fürsten in die Hand zu nehmen sei; man könne ja Preußen den
nachträglichen Beitritt offen lassen. König Johann wurde aus-
ersehen, die Einladung der Fürsten zu überbringen, die ihn selbst
zum Verfasser hatte; überdies war auch ein in sehr verbindlichen