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mich,“ so schloß der Brief. „Wenn ich nach hartem Kampfe bei
meinem früheren Beschlusse bleiben muß und Eurer Arbeit Aus-
trag abwarte, ohne mich an der Beratung zu beteiligen, so bin
ich nur nach meiner Gewissenseingabe verfahren. Gott segne
Dich. Dein treuer Freund Wilhelm.“ —
Im Laufe des 20. Aug. hatte auch Beust längere Besprechun-
gen mit Bismarck. Aus diesen verdient ein Zug besonderer Er-
wähnung, der uns von Beust selbst überliefert wird: „Als ich
darauf meine weiteren Bemühungen mit den Worten einleitete:
„Sie haben mir ja bisher Vertrauen geschenkt,“ unterbrach er
mich: „Vertrauen habe ich gar nicht mehr, seitdem Sie die Leip-
ziger Rede gehalten haben!“ — Die oben mitgeteilten Sätze aus
der Beustschen Rede hatten nämlich bei Bismarck den Verdacht
wachgerufen, als ob man in Dresden schon lange von den Plänen
des Kaisers Franz Josef unterrichtet gewesen und den Unwissenden
gespielt habe. Da auch in der Zollvereinsfrage Beusts ver-
mittelnde Stellung eine schiefe Auffassung nicht ausschloß, so
erklärt sich die Uberzeugung Bismarcks von einem falschen Spiele
der sächsischen Regierung. Er hat diese Auffassung in seinen
Gedanken und Erinnerungen nicht mehr festgehalten, aber sie
hat doch ebenso wie bei anderen maßgeblichen Leuten noch lange
die Beurteilung der sächsischen Politik beeinflußt.
In der Nacht zum 21. überbrachre Bismarck persönlich an
Beust die absagende Antwort seines Königs, worauf dann in
der Morgenfrühe die Rückkehr nach Frankfurt erfolgte. Bekannt
ist das hierbei von Bismarck Beust gegenüber an den Tag ge-
legte brüske Auftreten: wenn der König von Sachsen auf der
Mitreise des durch die Aufregung erkrankten Königs Wilhelm be-
stünde, würde er, Bismarck, noch in der Nacht zur Verhinderung
der Reise preußische Truppen aus Rastatt herbeikommen lassen.
Die Verhandlungen nahmen darauf in Frankfurt ihren Fort-
gang, obwohl niemand mehr an ein positives Resultat glaubte.
Das war vor allem Beusts Meinung, der seinem Könige sagte:
„Eine Durchführung ohne Preußen halte ich sowohl sachlich für un-
möglich als mit dem Bundesrechte für unverträglich.“ Zudem
leistete besonders Baden den kaiserlichen Vorschlägen die hart-