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Frage auch die deutsche aufrollen und damit Preußen die
erstrebte Machtstellung gewinnen könnte; hierzu gehörte vor
allem eine weitere Diskreditierung des Bundes sowohl nach
innen wie nach außen. Ferner aber erkannte er, daß man
Dänemark gegenüber an dem Rechtsboden des Londoner Pro-
tokolls festhalten müsse, um dem Auslande jeden Grund zur
Einmischung zu benehmen. Daß zu einer solchen namentlich
der Kaiser Napoleon große Lust hatte, bewies die Thronrede,
mit der er am 5. Nov. die neuen Kammern willkommen ge-
heißen hatte: „Die Verträge von 1815,( rief er aus, „haben
aufgehört zu bestehen; fast überall sind sie zerrissen, in Griechen-
land, in Belgien, in Frankreich, in Italien, an der Donau“ usw.
Um an die Stelle des auf diese Weise erzeugten krankhaften
Zustandes dauerhafte und geregelte Verhältnisse zu setzen, be-
dürfe es eines allgemeinen europäischen Kongresses. Zu diesem
Kongresse waren schon am 4. Nov. Einladungen ergangen, auch
König Johann hatte eine solche erhalten. Nun fiel zwar dieses
Projekt zunächst ins Wasser, da England schon am 25. Nov.
seine Abneigung gegen einen Kongreß unverblümt kundgab, wäh-
rend die anderen Staaten sich damit deckten, daß sie ihre Zusage
an die Teilnahme aller Großstaaten knüpften. Aber der Ge-
danke konnte jeden Augenblick wieder ausgenommen werden, und
zwar dann mit größerer Aussicht auf Erfolg, wenn die deutschen
Großmächte sich von dem Boden des doch auch von Frank-
reich unterzeichneten Londoner Protokolls entfernten. Nur galt
es, Osterreich für solche Anschauungen zu gewinnen, so ge-
spannt das Verhältnis zu diesem Staate seit der mißlungenen
Frankfurter Versammlung geworden war. Und das gelang. Denn
auch die Regierung zu Wien konnte sich den eben mitgeteilten
politischen Erwägungen nicht entziehen, die durch das Mißtrauen
gegen Napoleon überhaupt noch verstärkt wurden. Auch übte Bis-
marck insofern einen Druck auf Osterreich, als er erklärte, die
holsteinische Frage, wenn notwendig, allein auf Grund des
Londoner Protokolls zum Austrage bringen zu wollen. — So
wurde am 24. Nov. 1863 zwischen Bismarck und dem Grafen
Karolyi das Abkommen getroffen, gemeinsam in den Herzogtümern