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fluß Rechbergs und zudem hatte sich am 21. Dez. schon zu Frank-
furt eine Art Vorparlament versammelt, nämlich ein von allen
Landtagen beschickter Abgeordnetentag; 491 Mitglieder der ein-
zelnen Landtage waren erschienen, davon freilich nur 47 aus
Preußen und gar nur 7 aus Österreich. Die Versammlung be-
schloß natürlich einstimmig, mit allen gesetzlichen Mitteln für die
Einsetzung des Augustenburgers zu wirken und setzte zur Durch-
führung dieses Beschlusses eine permanente Kommission von 36 Mit-
gliedern ein. Der Augustenburger hatte mittlerweile sein Haupt-
quartier Gotha verlassen, wo ihm Herzog Ernst in Übereinstimmung
mit den übrigen thüringischen Fürsten allen möglichen Vorschub lei-
stete, und war nach den Großherzogtümern geeilt, um persönlich
für seine Herrschaft Propaganda zu machen. Dieser Schritt wurde
dem sächsischen Hofe durch den Bruder des Herzogs mitgeteilt,
den Prinzen Waldemar von Holstein. Er erregte damit durchaus
keine Freude. Denn mit Recht erkannte Beust — und das muß
abweichenden Darstellungen gegenüber festgestellt werden —, daß
die persönliche Gegenwart des Prätendenten unter den augenblick-
lichen Verhältnissen nur schaden könne. Er hatte deswegen auf
die Nachricht von der Absicht des Herzogs am 28. Dez. ein ab-
mahnendes Schreiben an diesen gerichtet, das ihn jedoch nicht mehr
in Gotha antraf.
Nun spitzten sich die Dinge in einer ganz merkwürdigen Weise
zu. Nachdem Rechberg in Berlin hatte erklären lassen, er stimme
mit Bismarck darin überein, daß auch Schleswig zu besetzen sei,
wenn die Novemberverfassung von Dänemark nicht bis zum 1. Jan.
zurückgenommen sei, stellten die beiden Großmächte am 28. Dez.
den Antrag, daß der Bund zur Erfüllung der dänischen Verpflich-
tungen von 1851/52 Schleswig in Pfandbesitz nehmen möge; am
31. Dez. ließen sie den zweiten Antrag folgen, der Bund möge
den Prinzen Friedrich auffordern, Holstein zu verlassen. Am
2. Jan. wurde der Antrag auf Ausweisung des Augustenburgers
mit 9 gegen 7 Stimmen abgelehnt. Zugleich machte sich die
Majorität das von v. d. Pfordten gefertigte Gutachten zu eigen,
daß der Bund durch den Londoner Vertrag von 1852 nicht ge-
bunden und die Ausführung dieses Vertrags überhaupt unmöglich