Full text: Illustrierte Geschichte der Sächsischen Lande und ihrer Herrscher. II. Band, 2. Abteilung. Das Albertinische Sachsen von 1815-1904. (4)

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aufforderte, in London das enfant terrible zu spielen, so war 
das ein schmeichelhafter Appell an die Tatkraft, dem am wenigsten 
ein Beust widerstehen konnte. Dieser konnte freilich unmöglicher- 
weise zur rechten Zeit in London zur Eröffnung des Kongresses am 
12. sein; Bismarck selbst beantragte die Vertagung bis zum 21. April. 
Sie war ihm überdies angenehm, weil die Entscheidung bei 
Düppel noch ausstand. Als sich aber dann der Gesandte des 
Bundestags mit Einholung seiner Instruktion in Frankfurt etwas 
länger aufhielt, so daß er trotz der Verlängerung des Termins 
noch zu spät kam, mag Bismarck, wie Beust auf Grund eines 
Hohenthalschen Berichtes erzählt, allerdings „suchsteufelswild“ ge- 
wesen sein. Die vom Bundestag gegebene Instruktion war sehr 
einfach und ging auf die dem preußischen Bundestagsgesandten 
von Sydow schon früher zugegangenen Weisungen zurück: hin- 
zuwirken auf die Sicherstellung der Interessen des deutschen 
Bundes und der Herzogtümer Holstein, Lauenburg und Schleswig, 
insbesondere aber auf die größtmögliche Selbständigkeit der letz- 
teren; zweitens aber solle er sich zur Vermeidung jeden „Dissenses“ 
unter den deutschen Vertretern in allen wichtigeren Fragen mit 
diesen in vorheriges Einvernehmen setzen. 
Die Entscheidung fiel durch Beusts Vorgehen ganz, wie es 
von der einen Seite nicht so, von der anderen Seite gerade 
so erwartet worden war. Zunächst mußte man ja auf Grund 
des Londoner Protokolls verfahren und demgemäß eine Personal- 
union der Herzogtümer mit Dänemark in Vorschlag bringen. 
Dieser Vorschlag aber fiel, da er vor allem von den dänischen und 
den schwedischen Bevollmächtigten abgelehnt wurde; auch Napoleon 
war von vornherein gegen dieses „mittelalterliche Bastardprojekt“ 
eingenommen gewesen. Hier nun trat Beust mit der apodiktischen 
Erklärung hervor, daß der Bund niemals in eine Wiederver- 
einigung der Herzogtümer mit Dänemark willigen werde. Da 
war nun der erschrockene Einwurf des österreichischen Bevoll- 
mächtigten Grafen Apponyi für die Lage äußerst charakteristisch: 
„Aber ich weiß gar nicht, ob der Herr Bundesbevollmächtigte 
zu einer solchen Außerung den Auftrag hat!“ Worauf Beust 
ganz richtig antwortete: „Einen Spezialauftrag habe ich aller-
	        
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