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Aufgabe gewisser Souveränitätsrechte, wie namentlich Heer, Post
und Telegraph, an den preußischen Staat anschließen wollten, wozu
auch Herzog Ernst von Gotha seinem Schützling riet. Die Ver-
handlungen hierüber begannen schon am 1. Juni 1864, also unter
den günstigen Auspizien jener an der Konferenz erfolgten Er-
klärung vom 28. Mai, führten aber zu keinem Resultate, weil
der Prätendent ebenso unrichtig beraten wurde, wie er in seiner
Urteilslosigkeit beraten zu sein wünschte. Das sächsische Kabinett
wurde von ihm schon am 6. Juni von diesen Verhandlungen
und ihrer Resultatlosigkeit gelegentlich eines kurzen Besuchs des
Prinzen in Dresden unterrichtet. Als dann auf der Reise nach
Karlsbad am 18. Juni König Wilhelm mit König Johann in
Leipzig zusammentraf, kam natürlich auch die Rede auf die Erb-
folge in den Herzogtümern. König Wilhelm, offenbar für diesen
Fall ganz besonders von Bismarck instruiert, betonte die Wichtig-
keit der russischen Ansprüche, deren oben Erwähnung getan wurde,
und infolgedessen entsprach auch auf direkte Weisung König Jo-
hanns nicht einmal der sächsische Bundestagsgesandte den Inten-
tionen des Ministers von Beust, als dieser in Gemäßheit seiner
Unterredung mit Apponyi die Kandidatur des Augustenburgers
in Frankfurt offiziell proklamiert wissen wollte.
Was sollte nun aber Osterreich mit jenem „Kondominium“,
d. h. mit der gemeinsam mit Preußen auszuübenden Herrschaft
über die Herzogtümer, die ihm in jeder Beziehung fern lagen
und über kurz oder lang doch an Preußen fallen mußten? Mit
der Erwerbung dieses recht zweifelhaften Besitztitels hatte sich
Osterreich die übrigen Bundesstaaten entfremdet, auf denen doch
bislang sein ganzes Ansehen im Bunde beruht hatte. Sich von
Preußen zu trennen, erschien aber auch nicht geraten, da dies
seine einzige Stütze war. In Petersburg wollte man grund-
sätzlich von Osterreich seit dem Krimkrieg und dem polnischen Auf-
stande nichts mehr wissen; England begnügte sich mit der ihm
ersprießlichen Neutralität; Frankreich aber gab durch den Vertrag
vom 15. Sept. 1864 mit Italien, wonach die Dauer der französischen
Besetzung Roms nur noch auf zwei Jahre, zur Hauptstadt Italiens
aber Florenz bestimmt wurde, ferner die italienische Regierung